Ein sympathisches Gespräch voller Überraschungen
Unabhängig nennt sie sich, verweist auf 220 Jahre Bankenhistorie und ist zuletzt stark gewachsen. Die Rede ist von der MM Warburg & CO Bank, die im letzten Jahrzehnt die Bankhäuser Hallbaum, Löbbecke und Plump sowie die Schwäbische Bank übernommen hat. Letztere bildet mit ihrem altehrwürdigen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert den Schauplatz des folgenden Geschehens.
Stolz auf alte Werte der Schwäbischen Bank
Dem Beratungsgespräch in der Stuttgarter Königstraße voraus geht ein knapp gehaltenes Telefonat, bei dem der Ex-Schwäbische Bank Berater mit den Worten "MM Warburg" den Hörer abnimmt und – auf seinen einstigen Arbeitgeber angesprochen – sogleich auf die alten und noch vorhandenen Werte der Schwäbischen Bank stolz hinweist. Umso gespannter ist man nun, was durch die Übernahme hinzugekommen ist. Als der Kunde sich zum Thema „Nachhaltigkeit“ erkundigt, verweist der Berater auf die eigene Homepage. Doch gerade dort hat der Kunde mangels Übersichtlichkeit nichts zu dem Thema gefunden. Egal! Bei dem Thema ist ohnehin ein längeres Beratungsgespräch erforderlich. So hält man sich nicht lange damit auf, weitere Kundendaten aufzunehmen, sondern vereinbart direkt einen Gesprächstermin. Etwas Schriftliches gibt es im Anschluss nicht: kein Protokoll, keine Terminbestätigung und auch keinen Hinweis auf Parkmöglichkeiten. Dabei wäre gerade letzteres von Vorteil gewesen.
Die zentralen Anliegen des Kunden
- Anlagevolumen: 1,0 Mio. Euro
- Anlagehorizont: langfristig
- Nachhaltigkeitsfokus: "mit Blick auf die eigenen Enkel" und ohne "gravierende (Rendite-) Nachteile zu erleiden"
Das Entrée der Stuttgarter Niederlassung ist für den beratungswilligen Kunden in spe mit einigen Hürden verbunden. Das fängt damit an, dass der eigentliche Bankeneingang bei dem „spektakulär“ anmutenden Gebäude nicht so leicht auffindbar ist. Kaum ist dieser entdeckt und das Treppenhaus betreten, setzt sich die Orientierungslosigkeit fort. Es bleibt zunächst unklar, wohin man sich hinbegeben soll. In der Schalterhalle im ersten Stock Fehlanzeige! Die Räume sind aufgrund eines Umbaus verschlossen. Also begibt man sich eine Etage höher, klingelt und siehe da: der ersehnte Eingang tut sich auf.
„Schreckliche Kippstühle“ und eine wackelige Gesprächsstruktur
Und mit ihm eine überraschend witzige und schlagfertige Dame am Empfang, die den Kunden bis zum Besprechungszimmer mit lustigem und gelungenen Small Talk versorgt. Beim diskret gelegenen Besprechungszimmer selbst bleiben dem Kunden vor allem die "schrecklichen Kippstühle" in Erinnerung, die aus seiner Sicht dringend ausgetauscht werden sollten.
Etwas wackelig und wenig „gesetzt“ ist auch das Gespräch bzw. die Struktur des Beratungsgesprächs. Zwar weiß der Berater zu menscheln und sammelt viele Sympathiepunkte beim Kunden, doch bleibt es in Hinblick auf die eigentlichen Anlagethemen größtenteils an der Oberfläche. Nach 100 Minuten hat der Berater wohl viele wirtschaftspolitisch interessante Themen angeschnitten, jedoch noch keine entscheidenden Fragen zur Risikoneigung und Renditeerwartung des Kunden gestellt. Auch eine mögliche Vermögensaufteilung ist bis dahin noch kein Thema. Erst als der Kunde explizit darauf hinweist, interessiert sich der Berater für dessen Rendite-Risiko-Profil, was im Übrigen das Ausfüllen eines WpHG-Fragebogens erforderlich macht und das Gespräch noch mehr in die Länge zieht.
Sympathischer Berater hält sich mit Fragen zurück
Bei dem Beratungsgespräch zeigt sich wieder einmal, dass gut gemeint nicht gut gemacht ist. Tatsächlich will man den Kunden nicht langweilen, da man bei ihm viel Vorwissen voraussetzt. So verzichtet man darauf, ihm den Investmentprozess, das Risikomanagement und das Wesen einer Vermögensverwaltung („Sie kennen ja schon die Funktion einer Vermögensverwaltung“) zu erläutern und die Kundenbedürfnisse gründlich zu hinterfragen. Allerdings heißt es in der Kundenpräsentation nicht zu Unrecht: "Nur wenn wir Ihre Ziele und Wünsche wirklich kennen und verstehen, können wir in Ihrem Sinne handeln. Daher sind wir vor allem gute Zuhörer." Davon ist – bei aller Sympathie für den Berater – nicht allzu viel zu spüren.
Getreu dem Motto „wer fragt, der führt“ hätten zielführende, um nicht zu sagen: ordnende Fragen der Gesprächsstruktur gut getan. Der Berater setzt vieles voraus und macht sich wenig Mühe, seine Annahmen zu verifizieren. Gut getan hätte dem Beratungsgespräch im Übrigen auch der angekündigte, jedoch verhinderte Mitarbeiter aus der Vermögensverwaltung.
Eine äußerst anschauliche Nachhaltigkeitsbroschüre...
Was das eigentliche Kundenanliegen betrifft, so scheint der Berater dies verstanden zu haben, indem er seine gelebte Nachhaltigkeit empathisch zum Thema macht, darauf hinweist, zu Hause als Energiesparer und „Öko“ zu gelten, mit dem Rad zur Arbeit zu fahren und in einem Weltladen mitzuhelfen. Zwar meint der Berater, dass die Bank in puncto Nachhaltigkeit noch ganz am Anfang stehe, doch umso mehr überrascht die äußerst anschauliche und sehr überzeugende Nachhaltigkeitsbroschüre des Hauses.
Als der Kunde dann um die Unterlagen zum nachhaltigen Vermögensverwaltungsdepot bittet, zeigt man sich zugeknöpft und möchte dies nicht so gern herausgeben. Immerhin lässt man den Kunden einen Blick gewähren und weist auf die künftigen Kosten hin: 1,1 % p.a. (inkl. MwSt.). A propos Kosten: Bei der Verabschiedung erfährt der Kunde zu seiner Überraschung, dass er auf sein neun Euro teures Parkhausticket hätte verzichten können, wenn er die bankeigenen Parkplätze in Anspruch genommen hätte. Ja wenn er das mal vorher gewusst bzw. daraufhin gewiesen worden wäre!
...die kaum Widerklang im Anlagevorschlag findet
Wirklich individuell wird es übrigens auch nicht mit dem verspäteten Eintreffen des Anlagevorschlags. Im Gegenteil handelt es sich hier um eine Standardpräsentation zur Stiftungsstrategie, welche nicht einmal mit dem Namen des Kunden versehen ist. Da fragt man sich, warum es überhaupt so lange gedauert hat, diese dem Kunden zukommen zu lassen. Und was das eigentliche Thema „Nachhaltigkeit“ betrifft, so finden sich in der Präsentation zwar Ansätze, doch bei näherer Betrachtung ist dem Kunden die auf Stiftungen ausgerichtete Vermögensverwaltung (noch) nicht nachhaltig genug.
Preis-Leistungsverhältnis
k.A.
Dienstleistungsportfolio
Kerngeschäftsfelder
- Anlageberatung
- Vermögensverwaltung
- Finanzierung
Spezialitäten
- Digitale Vermögensverwaltung
- Corporate Finance (M&A, Debt & Mezzanine Markets u.a.)
Nachhaltigkeitsexpertise
k.A.
Teilnahme am Performance-Projekt: Nein
Kontakt
Anschrift: M.M. Warburg & CO, Königstr. 28, 70173 Stuttgart, Deutschland
Internet: www.mmwarburg.de
2021 (TOPs 2021) | Beratungsgespräch | Ein sympathisches Gespräch voller Überraschungen | im Shop |
2019 (TOPS 2020) | Beratungsgespräch | Nettes Gespräch, geringer Mehrwert bei der Hamburger Privatbank Warburg | im Shop |
2018 (TOPs 2019) | Qualifikation | Vertane Zeit | im Shop |
2017 (TOPs 2018) | Qualifikation | M.M. Warburg & CO mit klarer Haltung und guter Beratung | im Shop |
2016 (TOPS 2017) | Qualifikation | M.M. Warburg: Bella figura | im Shop |
2016 (TOPs 2017) | Vermögensstrategie & Portfolioqualität | Viel Papier, weniger Aussagekraft | im Shop |
2016 (TOPs 2017) | Beratungsgespräch | Etwas zu lässig | im Shop |
2015 (TOPs 2016) | Beratungsgespräch | Zeitraubende Beratung in Beamtenmanier | im Shop |
2018 | Qualifikation | Die vier Furchtsamen | im Shop |
2016 | Qualifikation | M.M. Warburg fehlt es an Nachvollziehbarkeit | im Shop |
2019 (TOPS 2020) | Genug ist nicht immer genug |
Fazit: Die MM Warburg verfügt am Suttgarter Standort über einen sympathischen Niederlassungsleiter, welcher zudem im Privaten das Thema „Nachhaltigkeit“ lebt. So angenehm das Beratungsgespräch empfunden wird, so sehr lässt es jedoch eine klare Struktur vermissen, so dass nach 135 Minuten kein klares Ergebnis dabei herauskommt. Die Nachhaltigkeitsbroschüre des Traditionshauses ist top. Umso mehr verwundert der standardisierte und generell auf Stiftungen zugeschnittene Anlagevorschlag.
HINWEIS: Dieses Bankenporträt beruht auf den Eindrücken aus einem individuellen Erstberatungsgespräch, das ein zuvor geschulter Testkunde durchgeführt hat. Die wiedergegebenen Eindrücke wurden während des Gesprächs oder unmittelbar danach schriftlich protokolliert. Subjektive Wahrnehmungen lassen sich nicht ausschließen. Der Testkunde hat sich zur Neutralität gegenüber dem getesteten Institut verpflichtet. Die Bewertung wurde nach einem festen Schema vorgenommen, das die FUCHS|RICHTER Prüfinstanz erstellt hat. Es beruht auf der jahrelangen – wissenschaftlich untermauerten – Beschäftigung mit dem Thema Beratungsqualität im Private Banking durch die FUCHS|RICHTER Prüfinstanz.