HypoVereinsbank: Kratzen an der Oberfläche
Die HypoVereinsbank ist nach Bilanzsumme die fünftgrößte Bank Deutschlands. Sie hat eine lange Geschichte. Die erste Vorläuferbank gründete der Markgraf Karl-Alexander von Brandenburg-Ansbach 1780 in Ansbach. Als Großbank ist sie im Privatkunden-, Firmenkunden- Investmentbanking- und im Hypothekengeschäft aktiv. Die Bank beschränkt ihre Aktivitäten auf Deutschland.
Seit 2005 ist die italienische Unicredit S.p.A. Hauptaktionärin, seit 2008 – mit dem Squeeze-Out der Kleinaktionäre – Alleineigentümerin. Die Übernahme ist bis heute die größte länderübergreifende Übernahme einer europäischen Bank.
Häufige Umstrukturierungen der Muttergesellschaft
Unicredit wies 2011 einen hohen Verlust aus. Die folgenden Jahre waren durch Umstrukturierungen und Personalabbau geprägt. Inzwischen haben sich die Zahlen der Bank gebessert. Aber das Kreditinstitut, das in Italien und einigen Ländern Osteuropas Marktführer ist, ist immer noch krisenanfällig.
Die HypoVereinsbank wurde in den letzten Jahren immer wieder umstrukturiert. Im Rahmen eines weiteren Restrukturierungsplans, Transform 2019 genannt, wird es ab diesem Jahr zu weiteren Entlassungen kommen.
Berater erhalten elektronisch Unterstützung
Im Geschäftsbereich Commercial Banking bietet die HypoVereinsbank Private Banking und Wealth Management an. Dabei unterstützt die Bank die Fachkompetenz ihrer Berater durch einen komplett strukturierten, elektronischen Beratungsprozess. Im Private Banking verwaltete die Bank 2016 ein Vermögen von mehr als 20 Mrd. Euro.
DER KUNDE UND SEIN ANLIEGEN
Dem Kunden sind mit der Flüchtlingskrise Bedenken bezüglich der Stabilität der EU gekommen. Und der BREXIT hat für ihn ganz neue Gefahren aufgezeigt: Die EU könnte auseinanderbrechen. Mittlerweile ist der Kunde soweit, dass er ernsthaft überlegt, (ganz) in ein Land außerhalb der EU zu ziehen oder zumindest dort einen zusätzlichen Wohnsitz zu gründen. Er verfügt über ein Gesamtvermögen von ca. 8.000.000 Euro, davon 4.000.000 in Immobilien. Als laufenden Einnahmen stehen monatlich 10.000 Euro nach Steuern zur Verfügung. Das bisherige Depot ist zu. 100 % in Europa angelegt. Das neue Depot soll nur noch zu 25 % in Europa investiert sein.
DAS BERATUNGSERLEBNIS
Die Kontaktaufnahme verläuft geradezu bizarr. Weil in Münster niemand abnimmt, wird unser Anruf an die Zentrale in München weitergeleitet. Dort sagt man uns, dass es in Münster keine Private Banking-Abteilung mehr gibt. Der Webseite der Filiale in Münster zufolge gibt es die aber sehr wohl. „Die Webseite wurde wohl nicht vom Internet genommen", antwortet man auf unseren Einwurf.
Dann versuchen wir es nochmal unter der auf der Webseite angegebenen Telefonnummer – und erreichen einen Kundenberater des Private Banking in Münster. Jetzt sind wir baff. Wir verzichten aber darauf, die Geschichte zu auszubreiten, sondern beschränken uns auf unser Anliegen.
Die Sorge um den Euro teilten viele Anleger, so der Berater. Er betont die internationale Ausrichtung der HypoVereinsbank, die eine Anlage in Währungen außerhalb des Euro vereinfache. Das bestehende Depot möchte er zusammen mit uns ansehen. Dabei fragt er auch die Höhe der Anlagesumme ab.
Weitere Informationen kommen per Mail
Weitere Informationen werden uns per Mail zugeschickt. Es handelt sich dabei um eine Werbebroschüre zum HVB Private Banking und Wealth-Management. Darin wird die Bank kurz vorgestellt (fast 50.000 Kunden, über 50 Mrd. Euro verwaltetes Vermögen) und das Angebot in der Vermögensberatung dargestellt. Das ist umfassend, über Wertpapieranlagen, Spezialthemen wie klassische Autos, Kunst und Nachfolgeberatung, Private Equity bis hin zu Versicherungen und normaler Kontenführung bietet die Bank alles an, was zu Finanzdienstleistungen gehört.
Wir sind zur Ansicht gekommen, dass die HypoVereinsbank unser Anliegen lösen könnte und möchten einen Termin. Das zweite Telefonat geht schnell. Der Berater erinnert sich an uns und macht einen Terminvorschlag. Passt. Wir erhalten anschließend per Mail eine Anfahrtsskizze.
Vor–Ort-Gespräch
Das Gebäude der Bank sieht mehr nach einem Firmengebäude aus als nach einer Bankfiliale. Das Entree ist in Weiß gehalten. Es gibt hier keinen „normalen" Kundenverkehr. Ein Hausmeister empfängt uns freundlich. Der Fahrstuhl, der uns nach oben bringt, hat schon bessere Tage gesehen, wahrscheinlich stammt er aus den sechziger Jahren.
Der Besprechungsraum, in den wir nun geleitet werden, ist funktional und unauffällig. Darin ein großer Fernseher auf uns zunächst eine Präsentation der Bank gezeigt wird.
Gesprächsinhalte und konkrete Beratung
Der Berater fragt uns als erstes nach unseren Währungspräferenzen. Wir bevorzugen den US-Dollar, Franken und Australischen Dollar. Der Berater fragt nach, ob wir uns mit unserer Anlageentscheidung, 75% außerhalb des Euro anzulegen, sicher sind. Schließlich kann sich in zehn Jahren alles geändert haben. Das ist so, aber unser Entschluss ist ja nicht von gestern auf heute gefallen, sondern lange Zeit gereift.
Der Berater hält es für wichtig, dass wir regelmäßig miteinander sprechen. Das geht natürlich auch über Skype. Sein Ziel ist es, „partnerschaftlich zu arbeiten" also die Anlagen hin und wieder mit uns zu besprechen und neue Investitionen im Voraus anzukündigen und zu klären, ob diese auf unser Wohlwollen stoßen. Ein richtiger und wichtiger Anstoß, denn tatsächlich kann es bei einer solchen Anlage auch zu turbulenten Situationen im Depot kommen – häufiger und auch heftiger als bei einer Anlage vorwiegend in der Heimatwährung, ohne Wechselkursänderungen.
Ein gemeinsamer Ritt durch die Märkte
Insgesamt sieht die wirtschaftliche Lage derzeit gut aus, nicht nur in Deutschland, sondern in den Industrieländern insgesamt, meint unser Berater. Das werde noch ein bis zwei Jahre so weitergehen. Das Problem seien die Zentralbanken, die viel Geld gedruckt hätten. Daran, dass die Zentralbanken das Geld wieder einsammeln (können), glaubt die HypoVereinsbank nicht.
Spekulative Aktienmärkte wiesen eine gute Entwicklung auf, weiß unser Berater zu berichten. Viel Geld fließe besonders in den USA in Unternehmensanleihen. Deren Performance sei mittlerweile nicht mehr so gut, aber immer noch besser als die der Staatsanleihen. Exotische Währungen seien gut gelaufen, Emerging Markets jedoch immer noch aufsteigend. Chinas Wirtschaft wandele sich, der Konsum gewinne stetig an Bedeutung, erläutert der Berater.
Aktien sind teuer
Und weiter: Aktien seien historisch gesehen teuer. Aber dennoch seien sie eine der wenigen verbliebenen sinnvollen Anlagen. Die HypoVereinsbank erwartet weiter niedrigere Renditen und stärkere Marktschwankungen. Außerdem rechnet man mit weiteren Extremereignissen wie etwa Terroranschlägen. Man rechnet mittelfristig mit steigenden Zinsen, wodurch Anleihen attraktiver und Aktien verlieren werden.
Rohstoffe wie Gold und Öl stiegen zwar im Kurs, aber das könne im nächsten Monat schon wieder anders aussehen. Die Ölpreissteigerung sorge für eine kleine Inflation. Die Zinsen würden auf lange absehbare Zeit nicht auf alte Höhen um 4,5% steigen.
Breit streuen und das Risiko verringern
Unser Berater empfiehlt als Anlagestrategie die breite Streuung. Dadurch würden sich gut laufende Märkte mit jenen ausgleichen, die nicht so gut laufen. Er verweist auf Vergleichstests, die der HypoVereinsbank bescheinigten, ein gutes Chancen-Risiko-Verhältnis hinbekommen zu haben. Nicht die höchste Performance sei wichtig, sondern dieses Verhältnis.
Mit breiter Streuung soll auch das Risiko von Aktieninvestments verringert werden. Das Problem dabei: Es gibt keine sicheren Aktien mehr, wie früher etwa RWE. Weil Anleihen in den nächsten zwei bis drei Jahren keine „richtigen" Zinsen bieten werden, müsse man auf Aktien ausweichen. Hier erreichen die Emerging Markets Renditen von im Schnitt etwa 6%, die USA aktuell noch 2 bis 4%. Das Depot soll aktiv verwaltet werden, weniger langfristig angelegt, um optimale Renditen zu erreichen.
Aktuelles Portfolio "gar nicht schlecht"
Unser derzeitiges Portfolio findet der Berater gar nicht so schlecht. Er verweist darauf, dass es einige Aktien und Anleihen in anderen Währungen als Euro aufweist. Doch jetzt wird es dünn:
Wie genau das Vermögen angelegt werden soll, etwa was den genauen Aktien- und Goldanteil betrifft, verrät der Berater beim Gespräch allerdings ebenso wenig wie die Kosten.
Die Nachbetreuung
Die Bank sendet uns einen Fragebogen. Darin werden die Gesprächsergebnisse erfasst und unsere Risikoerwartungen abgefragt. Dieser Fragebogen wird von der Bank zweimal überarbeitet und uns erneut zugeschickt. Das ziemlich langwierige Verfahren empfinden wir als nervig. Zumal unsere Risikoeinstellung aus dem Gespräch hätte hervorgehen sollen.
Der Anlagevorschlag aus Kundensicht
Zunächst erklärt die Bank in einer E-Mail, dass sie uns unter Beachtung unserer Vorgaben keine Vermögensverwaltung anbieten kann. Gründe nennt die Bank keine. Das Problem scheint aber der Übergang von unserem alten Portfolio zu dem von uns gewünschten neuen Portfolio zu sein. Hier empfiehlt die Bank einen langsamen Übergang. Durch halbjährliche Umschichtungen soll ein Übergang innerhalb von zwei Jahren erreicht werden. Der Anlagevorschlag – er heißt hier „Lösungsvorschlag" – stellt somit wohl nicht das Endstadium dar, sondern einen ersten Schritt.
Zunächst stellt sich die Bank auf vier Seiten vor. Das ist nicht übermäßig lang, ein Pluspunkt. Auf den folgenden vier Seiten wird das Nachhaltigkeitskonzept der Bank vorgestellt, obwohl nachhaltige Anlagen nicht zu unseren Anforderungen gehörten. Aber das ist wohl ein Standard, der einfach mal dazugepackt wird. Dann folgt eine Seite mit Chancen und Risiken der Vermögensverwaltung.
Lösungsvorschlag verbleibt im Allgemeinen
Nach diesen allgemeinen Angaben fasst die HVB unsere Anforderungen auf einer weiteren Seite tabellarisch zusammen. Hier hätten wir uns mehr gewünscht. Das bleibt an der Oberfläche, geht kaum ins Detail.
Auch zum Thema Risiko gibt die HVB eine allgemeine Risikobewertung, aufgeteilt nach Regionen und Anleihen bzw. Aktien. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit unserer Risikoeinstellung bleibt aus.
Kundenwünsche nicht ausreichend beachtet
Die HVB schlägt einen Aktienanteil von 78,8% vor. 17,4% des Vermögens sollen in Renten investiert werden, 1,7% in Rohstoffzertifikate und 2,1% als Guthaben geparkt werden. Dabei wird nicht in Einzeltitel investiert, sondern vor allen Dingen in Fonds: 26,8% in ETFs, 69,4% in aktive Fonds und 1,7% in Börsengehandelte Rohstoffzertifikate. Bei den Währungen fällt auf, dass 41,3% des Vermögens in Euro angelegt werden sollen. Das entspricht nicht unseren Wünschen und Zielen.
Wir gehen davon aus, dass der Übergang zu dem von uns gewünschten Portfolio mit einem Euro-Anteil von höchstens 25% der Grund ist. Die Bank erläutert dies aber nirgends. Auch weshalb sie unseren Vorgaben nicht gleich folgen kann, bleibt unklar. Letztlich entspricht das schon aus der Sicht des Laien nicht unseren Anforderungen. Wir wollen schließlich raus aus dem Euro.
Gebühr
Für unser Portfolio berechnet die HypoVereinsbank eine All-In-Fee von 0,9% zzgl. USt p.a. Damit sind Käufe und Verkäufe, sowie Kaufprovisionen bei Fonds und die Depotgebühren abgedeckt. An die HVB gezahlte Bestandsprovisionen aus Fonds werden halbjährlich in vollem Umfang zurückgezahlt. Die HVB hat keine Informationen geliefert, wie die Gebühren bei anderen Anlagesummen aussehen oder ob andere Gebührenmodelle zur Verfügung stehen.
HINWEIS: Dieses Bankenporträt beruht auf den Eindrücken aus einem individuellen Erstberatungsgespräch, das ein zuvor geschulter Testkunde durchgeführt hat. Die wiedergegebenen Eindrücke wurden während des Gesprächs oder unmittelbar danach schriftlich protokolliert. Subjektive Wahrnehmungen lassen sich nicht ausschließen. Der Testkunde hat sich zur Neutralität gegenüber dem getesteten Institut verpflichtet. Die Bewertung wurde nach einem festen Schema vorgenommen, das die Private Banking Prüfinstanz erstellt hat. Es beruht auf der jahrelangen – wissenschaftlich untermauerten – Beschäftigung mit dem Thema Beratungsqualität im Private Banking durch die Private Banking Prüfinstanz, Dr. Richter | IQF und Ralf Vielhaber | Verlag FUCHSBRIEFE.
WISSENSWERTES
HypoVereinsbank, Schorlemerstr. 26, 48143 Münster, Deutschland, www.hypovereinsbank.de
MEHR INFORMATIONEN ZU TOPS 2018
Vermögende wollen gut beraten werden. Ebenso wichtig ist aber, dass das anvertraute Kapital solide verwaltet und vermehrt wird. Der Markt der Vermögensverwaltung ist intransparent. Getreu unserem Motto „Wir machen Qualität transparent" verfolgt das Performanceprojekt der Private Banking Prüfinstanz genau dieses Ziel.
Die HypoVereinsbank nimmt an keinem der fünf Performance-Projekte teil. Einen Blick dafür, wie sie sich im Wettbewerb der Vermögensverwalter schlägt, erhalten wir so nicht.
Gibt es Verfahren oder Streitigkeiten mit Kunden?
Die Vertrauensampel steht nicht auf Grün, die HVB gibt keine Selbstauskunft. Sie steht regelmäßig wegen Cum-Ex-Geschäften (Steuerhinterziehungsbegünstigung) in der Presse - auch wenn das nicht zum direkten Nachteil ihrer Kunden ausgefallen sein muss.
Im Private Banking und Wealth-Management der HypoVereinsbank werden Privatpersonen ab einem Vermögen von 500.000 Euro, Unternehmer, Family Offices, Versorgungswerke und Pensionskassen sowie Stiftungen betreut.
160 Kundenberater in 40 Filialen der HVB betreuen über 40.000 Private Banking Kunden und Unternehmer. Ein Berater ist damit für etwas über 250 Kunden zuständig.
Rundumblick als Beratungsansatz
360°-Beratung heißt der Beratungsansatz der HypoVereinsbank. Damit soll verdeutlicht werden, dass es um eine umfassende Finanz- und Vermögensplanung geht. Die Ziele, Wünsche und Erwartungen des Kunden sollen dabei im Zentrum stehen. Die Vermögensbestandteile der Kunden von Wertpapieren, Liquidität, Edelmetallen, Beteiligungen über Immobilien, Finanzierungen, Spezialthemen bis hin zu Versicherungen sollen insgesamt betrachtet werden, um ein effizientes Zusammenwirken der Anlagen zu sichern.
Die HVB arbeitet mit einem Netzwerk an Spezialisten zusammen, um das breite Spektrum an Anlagethemen abzudecken.
In der reinen Vermögensverwaltung bietet die Bank eine freie Depotberatung oder das Depot Global, bei denen der Kunde die Investmententscheidungen trifft und dabei von der Bank beraten wird. Bei der Mandatslösung entscheidet die Bank über die Anlage.
Sie haben Anmerkungen zu diesem Thema? Kontaktieren Sie unsere Redaktion jetzt über redaktion@fuchsbriefe.de – wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung!
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Fazit: Die Beratung bei der HypoVereinsbank ist gar nicht schlecht, aber zu knapp. Die wesentlichen Punkte werden angesprochen, aber es bleibt alles nur an der Oberfläche. Der Berater ist gut organisiert, folgt im Gespräch einem roten Faden. Er wirkt sehr sachlich und strukturiert. Das Verhältnis zum Berater bleibt aber während der gesamten Unterredung kühl. Das ist kein fachliches Manko, höchstens für eine längere Vertrauensbeziehung suboptimal.
Die Lösungsempfehlung entspricht allerdings nicht unseren Vorstellungen. Schon zuvor kündigt die Bank an, auf unsere Wünsche nicht eingehen zu können und empfiehlt einen schrittweisen Übergang weg von den Anlagen in Euro. Weshalb das so ist, erklärt sie nicht. Ein weiterer großer Schwachpunkt des Anlagevorschlags ist, dass er – wie schon das Gespräch – recht oberflächlich bleibt. Es gibt darin viele allgemeine Angaben und wenig Spezielles zu unserem Anlagewunsch. Das überzeugt im Wettbewerb nicht.
HINWEIS: Die erreichte Gesamtpunktezahl sowie den Vergleich mit rund 100 weiteren Anbietern lesen Sie im November in „TOPs 2018".