Mission impossible
Der Kunde und sein Anliegen
Die Testkunden der Private Banking Prüfinstanz sind vermögend und Multimillionäre. Aber sie bringen zunächst nur eine halbe Million zur Anlage mit. Ihr persönlicher Hintergrund ist sehr unterschiedlich. Gemein ist ihnen jedoch, dass sie für ein jüngeres Familienmitglied in der nächsten Generation mal Sohn oder Tochter, mal Nichte oder Neffe die Zukunft finanziell absichern wollen. Hier geht es zur ausführlichen Schilderung des Testfalls.Das Beratungserlebnis
Mit unserem Anruf in Luxemburg landen wir in einem englisch sprechenden Call Center. Es verbindet uns mit einem deutschen Mitarbeiter. Glücklich darüber, nun wieder in unserer Muttersprache kommunizieren zu können, müssen wir feststellen, dass sich der Berater eigentlich nur dafür interessiert, wie wir auf die Bank gekommen sind. Ist es nun Diskretion oder schlicht Desinteresse, dass er sonst nichts erfragt? Die Höhe des Anlagebetrages nennen wir selbst. Als wir uns danach erkundigen, wie wir am besten zu der nicht sehr zentral gelegenen Bank fahren, lösen wir Ratlosigkeit aus. Schließlich meint er, wahrscheinlich sei ein Taxi sinnvoll. Mit Bussen kenne er sich nicht aus. Immerhin: In der Bestätigungs-Mail schickt er uns dann eine Anfahrtsskizze mit. In der Beschreibung ist auch eine Busverbindung angegeben. Einige Tage vor dem Gesprächstermin bekommen wir dann noch einen Anruf und bestätigen, dass es bei dem Termin bleibt. Hier stimmt der Service. Der Standort der Bank befindet sich wie befürchtet quasi am Ende der Welt. Selbst der Taxifahrer – wir haben uns für die bequeme Variante entschieden – hat Probleme mit der Adresse und muss in seiner Zentrale nachfragen. Oh je! Bei der Ankunft stehen wir vor einem modernen Bankgebäude. Wir sind etwas zu früh dran und warten, zusammen mit einigen Technikern, in der großen Vorhalle auf unseren Berater. Er holt uns schließlich in der Empfangsebene ab und führt uns durch einen saalartigen Raum in einen der zahlreichen Standardberatungsräume. Irritiert fällt uns auf, dass niemand der Vorbeigehenden grüßt – den Berater nicht und uns auch nicht. Ist das die vielgerühmte zwischenmenschliche Wärme, die hier herrschen (und zum Erfolg beitragen) soll? Oder einfach nur „nordische Herzlichkeit“, für die wir keine Ader haben? Es werden Getränke serviert und der Berater kommt sofort auf sein offensichtliches Lieblingsthema – den Versicherungsmantel – zu sprechen. Gut und schön, jeder soll sein Hobby haben, aber wenn wir nach einer Stunde Monolog des Beraters so schlau wie zuvor bezüglich Renditeerwartung und anderen Fragen sind, dann stimmt irgendetwas nicht. Zumindest ergibt sich eine erheblich Diskrepanz zum vollmundigen Serviceversprechen, das da heißt: „Unsere Dienstleistungen umfassen individuelle, maßgeschneiderte Lösungen, die optimal auf Ihre persönlichen Lebensumstände und finanziellen Anforderungen abgestimmt sind. Unser gesamter Service ist so flexibel, dass er speziell auf Sie zugeschnitten und mühelos angepasst und/oder kombiniert werden kann, um Ihren individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden.“ Als es darum geht, unseren Pass zu kopieren und wir nicht sofort einwilligen, reagiert er deutlich pikiert. Überhaupt klappt die Kommunikation zwischen uns nicht gut und wir gewinnen der Eindruck, dass es ihm letztlich egal ist, ob wir Kunde der Bank werden oder nicht.Müssen wir noch erwähnen, dass die Nordea am FUCHS Performance-Projekt von Dr. Jörg Richter und Verlag Fuchsbriefe nicht teilnimmt? Eine tiefere Aussage zu ihren Möglichkeiten in der Vermögensverwaltung im direkten Vergleich zum Wettbewerb ist uns daher verwehrt.
Ja, das war’s auch schon. Als wir fertig sind, bietet er uns noch an, zu weiteren Gesprächen zu uns nach Hause zu kommen. Nett gemeint, aber wozu? Wir erleben ja nicht einmal die Standards einer guten Beratung: Das Bemühen, etwas über den Kunden und seine Lebens- und Vermögensverhältnisse zu erfahren; eine Diskussion über die steuerlichen Auswirkungen der Schenkung und Lösungsideen (abgesehen vom Versicherungsmantel). Eine vertiefte Beschäftigung mit unserer Risikotragfähigkeit. Und vielleicht auch etwas zu den Märkten? Zwar will er wissen, woher das anzulegende Geld stammt, ob wir ein Testament haben, in welcher beruflichen Situation wir uns befinden usw. Allerdings haben wir den Eindruck, dass er die Fragen weniger aus echtem Interesse, sondern für die Akten stellt. Gründlich ist etwas anderes. Der Berater geht nur sehr oberflächlich mit unseren Wünschen um bzw. interessiert sich nicht tiefgehend für unsere Situation und unseren Kenntnisstand, was Geldanlage betrifft. Was können wir Positives von diesem Gespräch sagen? Eigentlich nichts… Insgesamt macht der Berater einen genervten Eindruck. Schwierige Sachverhalte kann oder will er nicht einfach und leicht verständlich erklären. Ideen sind Mangelware. Stattdessen hat er sich offensichtlich schon vor dem Gespräch zurecht gelegt hat, was er uns verkaufen will. Immer wieder macht sich der Berater für die fondsgebundene Lebensversicherung stark, die über das Haus gemanagt werde. Erst einmal klingt das ganz gut, erst auf unsere Nachfragen zeigen sich gewisse Hürden. Die Versicherung liefe auf uns, wegen des dadurch erzielten Steuervorteils bei der Auszahlung. Allerdings müssten wir mindestens 67 Jahre bei der Auszahlung sein und die Laufzeit würde Minimum zwölf Jahre betragen. Das passt nicht zu unseren Zielen. Zudem würde trotzdem in vollem Umfang Schenkungssteuer anfallen. In einer zweiten Variante würde der zu Beschenkende als Nutznießer eingesetzt. Als dritte Möglichkeit schlägt er schließlich eine normale Vermögensverwaltung im Haus mit eigenen oder zugekauften Fonds vor. Der Satz im Protokoll, „Sie müssen für sich überlegen, was Ihnen wichtiger ist“, hilft auch nicht wirklich, weil wir ja gerade einen fundierten Rat erwarten und aufgrund fehlender Erfahrung uns nicht in der Lage sehen, selbst zu entscheiden. „Wenn Sie in Ihrer Entscheidungsfindung vorangekommen sind, freue ich mich, bald wieder von Ihnen zu hören“, lässt uns der Berater noch wissen und hat sich damit selbst ins Aus gekickt. Lust auf mehr macht das bestimmt nicht. Unter individueller Vermögensberatung verstehen wir etwas anderes. Zu keinem Zeitpunkt erfahren wir im Gespräch die Konditionen.Der Berater begleitet uns anschließend bis auf die Straße. Was wir nach einem guten Gespräch als Höflichkeit empfinden, löst hier eher unangenehme Gefühle aus. Will er sich vergewissern, dass wir wirklich gehen? Die Gedanken des Beraters zu unserem Gespräch in der Bank – wir haben gerade daraus zitiert – erwarten uns bereits bei unserer Rückkehr. Ist das nun schnell oder vorschnell? Auf einen Anlagevorschlag warten wir bis heute. Wir sollen uns melden, wenn wir uns entschieden haben. Aber wie sollen wir uns ohne konkreten Vorschlag entscheiden und wofür? Die freundliche Mail nach unserer Absage rettet den Gesamteindruck auch nicht mehr.Fazit: „Make it possible“? Nein, mission impossible. Hier wurde nichts möglich gemacht, das war eher unmöglich. Allein mit dem Hinweis, dass die Chemie zwischen Kunde und Berater nicht stimmte, ist das nicht zu erklären. „Die Nordea-Gruppe hat einschließlich ihres Bereichs für das individuelle Privatkundengeschäft mehrere angesehene Preise für ihren ausgezeichneten Service und ihre exzellente Leistung erhalten.“ Von wem? Wofür? Unsere Qualifizierungsampel leuchtet Signalrot.
Hinweis: Die erreichte Gesamtpunktezahl sowie den Vergleich mit rund 100 weiteren Anbietern lesen Sie im November im FUCHS-Report „TOPs 2016“.
Fakten: keine Angaben
Nordea Bank S.A.
562, rue de Neudorf, 2015 Luxembourg
www.nordeaprivatebanking.com
Hinweis: Dieses Bankenporträt beruht auf den Eindrücken aus einem individuellen Erstberatungsgespräch, das ein zuvor geschulter Testkunde durchgeführt hat. Die wiedergegebenen Eindrücke wurden während des Gesprächs oder unmittelbar danach schriftlich protokolliert. Subjektive Wahrnehmungen lassen sich nicht ausschließen. Der Testkunde hat sich zur Neutralität gegenüber dem getesteten Institut verpflichtet. Die Bewertung wurde nach einem festen Schema vorgenommen, das die Private Banking Prüfinstanz erstellt hat. Es beruht auf der jahrelangen – wissenschaftlich untermauerten – Beschäftigung mit dem Thema Beratungsqualität im Private Banking durch die Private Banking Prüfinstanz, Dr. Richter | IQF und Ralf Vielhaber | Verlag FUCHSBRIEFE.