Nachhaltige Beratung im Fokus
Pictet & Cie. gehören zu den Anbietern, die sich vom Mega-Thema "Nachhaltigkeit" mitreißen lassen. Sie laufen dabei Gefahr, für andere Kundenanliegen unsensibel zu werden. So gehen die Berater auf das Kundenanliegen "Vermögensschutz" nur unzureichend ein. Stattdessen fokussieren sie voll auf das Thema Nachhaltigkeit. Das gescheiht in einem zweistündigen Telefonat, das der Kunde als langatmig und ineffizient empfindet.
Der Kunde und seine Anforderungen
- Anlagevolumen 3,5 Mio. EUR
- Langfristiger Anlagezeitraum 5 bis 10 Jahre
- Sicherheitsbedacht, möchte keine Verluste in den ersten fünf Jahren
- Zentraler Beratungsaspekt: Inflationsangst, extreme Staatsverschuldung, Angst vor sozialen Unruhen, Furcht vor Crash und Euro-Implosion
- Kundenwunsch: langfristige Vermögensanlage, Kapitalerhalt, nachhaltige Geldanlage (insbesondere bezogen auf Klimaaspekte)
Stärken der Beratung
Der erste Kontakt vermittelt einen vielversprechenden Eindruck. Im telefonischen Vorgespräch fragt der Berater nach den zentralen Kundenwünschen und kommt mit einem Verweis auf die durch Pictet gebotene Sicherheit für die Vermögensanlage den Kunden gleich beim zentralen Thema entgegen: Dadurch, dass Pictet kein Kreditgeschäft betreibe, gäbe es auch kein Risiko durch ausfallende Schuldner. Die Erwartung: Hier kommt im Beratungsgespräch sicher mehr …
Die Terminvereinbarung für das Beratungsgespräch erweist sich als unkompliziert. Dem Kunden gefällt auch, dass es vorab schon mal eine kleine Präsentation gibt. Diese stellt Pictet vor, geht näher auf nachhaltige Anlagen ein und erklärt auch gleich den Unterschied zwischen verschiedenen Portfolio-Strategien, die Pictet anbietet.
Klar strukturiertes Gespräch
Im Beratungsgespräch schließlich gehen die Berater dezidiert – aber eben so gut wie ausschließlich – auf nachhaltige Geldanlagen ein. Insgesamt gefällt die aus Kundensicht klare Struktur des Gesprächs. Auch, dass extra ein Nachhaltigkeits-Berater hinzugezogen wird, zeugt davon, dass Pictet dieses Thema ernst nimmt.
Schwächen der Beratung
Der Haken an der Sache: Nachhaltigkeit ist nicht das einzige Thema, das den Kunden interessiert; ein weiteres brennt ihm unter den Nägeln. Seine Motivation, sich beraten zu lassen, ist die Angst vor dem realen Vermögensverlust durch Inflation, Crash-Gefahr und politische Risiken. Hier werden seine "Schmerzen" nicht richtig erkannt und auch nicht ausreichend evaluiert. Somit nimmt die Beratung darauf nur unzureichend Bezu; der Berater stürzt sich quasi auf den ersten "leckeren" Knochen, der ihm vorgeworfen wird – das Thema Nachhaltigkeit – und beißt sich daran fest.
Lediglich im Makroausblick, den der Berater gibt, streift er das Thema "Vermögenssicherung" unter dem Motto "So schlimm wird es alles nicht werden." Der Berater ist der Ansicht, dass die hohe Staatsverschuldung nicht zum Crash führen werde. Von Staaten erwarte man ohnehin nicht, dass sie ihre Schulden zurückzahlen, führt er aus. Ist das nun ein beunruhigendes Szenario? Auch die Risikotoleranz des Kunden evaluiert der Berater aus Kundensicht nicht vertieft.
Vertiefter Nachhaltigkeits-Einblick nicht möglich
Das insgesamt zweistündige Beratungsgespräch in englischer Sprache – sicher auch nicht jedermanns Sache – konzentriert sich stark auf Nachhaltigkeits-Aspekte. Hier ist der Berater ganz in seinem Element und tobt sich aus. Er dominiert jetzt das Gespräch und monologisiert stark. Berater Nummer 2 und insbesondere der Kunde kommen kaum noch zu Wort.
Als der Kunde nach einem vertiefenden Blick in Sachen Nachhaltigkeit fragt – also Ratings für einzelne Titel – weicht der Berater jedoch aus. Das sei momentan nicht möglich. Auch ein Hinweis darauf, wie das Portfolio das Klima beeinflussen kann, eine Kennzahl oder dergleichen, liefert Pictet nicht.
Der Anlagevorschlag
Gut ist, dass der Kunde zwischen zwei Vorschlägen wählen kann. Weniger gut ist, dass sich beide hinsichtlich Zusammensetzung und Performance aus Kundensicht sehr ähneln. In beiden Fällen soll etwas mehr als 50% in Aktien investiert werden, 35% in Anleihen und 10% Cash, der Rest entfällt auf Alternative Anlagen. Historische Daten zu den Portfolios liefert der Anlagevorschlag nicht. Eine klare Empfehlung, welches Portfolio aus beratersicht, besser zum Kunden passt, hätte gefallen.
Das intensiv diskutierte Thema Nachhaltigkeit ist im Portfolio sichtbar. Allerdings toleriert Pictet etwa Unternehmen, die bis zu 25% ihres Umsatzes aus der Kohleproduktion ziehen. Für den Kunden mit "Klimaschutz-Wunsch" ist das ein K.O.-Kriterium. Auf das eigentliche Thema „Vermögenssicherung“ geht der Anlagevorschlag nicht ein. Auch dass der Anlagevorschlag sich über die Kosten ausschweigt, ist ein Manko.
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Fazit: Auf einen positiv stimmenden Start folgte rasch Ernüchterung. Zahlreiche Standards wurden im Beratungsgespräch mit Pictet Zürich missachtet. Das eigentliche Thema des Kunden wurde von den Beratern nicht erkannt.