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Nachhaltige Geldanlage im Private Banking - Leitartikel TOPS 2021

Nachhaltigkeit wird alternativlos

Fridays for Future. Copyright: Pexels
War nachhaltiges Investieren lange Zeit den institutionellen Anlegern vorbehalten, so hat dieses Thema inzwischen auch den Privatanleger erreicht. Dieser jedoch fühlt sich in Anbetracht eines immer größer werdenden Angebots an nachhaltigen Produkten und Strategien vielfach überfordert und benötigt dringend eine Orientierungshilfe. Die Frage lautet immer weniger, „ob“, sondern vielmehr „auf welche Weise“ und „ in welchem Maße“ bei der Geldanlage nachhaltig verfahren wird.

Nachhaltigkeit ist in aller Munde und im Zusammenhang mit Fridays for Future eng mit der Klimaschutzbewegung liiert. Greta Thunberg hat es als Ikone dieser Jugendbewegung in kurzer Zeit auf die große Bühne der Weltpolitik geschafft: Im September vergangenen Jahres hält sie auf dem Klimagipfel in New York eine hoch emotionale Rede, fordert darin die anwesenden Regierungschefs aus aller Welt auf, sich endlich für den Klimaschutz zu engagieren, trifft u.a. Kanzlerin Merkel und erhält im selben Monat noch den Alternativen Nobelpreis. Und was ist seitdem passiert?

Nachhaltigkeit ist von der Straße ins Homeoffice gewandert

So sehr es Greta Thunberg gelungen ist, sich Gehör bei den Politikern zu verschaffen und mit ihrer internationalen Jugendbewegung politischen Druck auszuüben, so still ist es doch seit Corona um die Schwedin geworden. Es scheint fast so, als wäre das Thema „Nachhaltigkeit“ seit dem Beginn der Pandemie von der Straße ins Homeoffice gewandert. Zwar bedeutet Corona vorerst das Ende kollektiver Klimaschutzbekundungen in Form von Massendemonstrationen. Doch nolens volens verhalten wir uns klimaschonender: Heimarbeit und Videokonferenzen ersetzen die täglichen Fahrwege zur Arbeit und die vielen Geschäftsreisen aus der Vergangenheit. Die erzwungene Digitalisierung hinterlässt also klimafreundliche Spuren im Arbeitsleben. Und auch auf privater Ebene tut sich etwas: wir Urlaubsweltmeister verzichten lieber auf Flugreisen und entdecken unser eigenes Land. Praktisch sind wir auf kurze Distanz unterwegs – zeitlich und räumlich. Und für die weiten Entfernungen holen wir uns unser Gegenüber per Zoom, Goto-Meeting oder Skype in die eigenen vier Wände.– oder ein riesiges Potenzial.

„Point of no return“

Und allem Anschein nach handelt es sich dabei um eine anhaltende und zugleich nachhaltige Entwicklung. Unternehmen, die einmal erkannt haben, dass es für sie günstiger kommt, teure Geschäftsreisen und die – aufgrund von Homeoffice ohnehin schon leer gefegten – Büroflächen einzuschränken, werden nicht zur alten Realität zurückkehren. Folgt man einer kürzlich erschienenen Analystenumfrage der Fondsgesellschaft Fidelity, so ist Nachhaltigkeit eben mehr als ein Trend: 90 Prozent der weltweit befragten Unternehmen geben an, dass es sich für sie betriebswirtschaftlich lohnen würde, nachhaltig zu agieren und „das Richtige zu tun“. Im Jahr zuvor waren es noch 70 Prozent. Fidelity spricht in Sachen Nachhaltigkeit gar von einem unumkehrbaren Prozess, einem „Point of no return“.  

Nachhaltigkeit aus Image- oder aus Kostengründen?

Wo genau liegt der Vorteil für Unternehmen, nachhaltig zu agieren? Ist dies eine Frage, die man der Marketingabteilung oder der Buchhaltung stellen sollte? Sind es Imagegründe, die Firmen dazu bewegen, ESG-konform (unter Berücksichtigung von Umwelt, Sozialem und Aufsichtsstrukturen) zu handeln oder erhofft man sich damit eine Kostenersparnis? Dass es dabei um mehr als die eigene Reputation geht, dafür sprechen immer mehr Initiativen, die sich Nachhaltigkeitszielen verschreiben. So haben sich beispielsweise erst kürzlich 34 CFOs – darunter zwei Deutsche – aus aller Welt zusammengetan, um die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele zu fördern. Und wenn Finanzvorstände eine „UN Global Compact CFO Taskforce“ gründen, so kann man getrost davon ausgehen, dass sie auch finanzielle Vorteile für die Unternehmen im Visier haben, die ihre Nachhaltigkeitsziele mit einer nachhaltigen Unternehmensfinanzierung verbinden. Tatsache ist aber auch, dass es sich kaum mehr ein Unternehmen erlauben kann, gegen krasse Ausschlusskriterien zu verstoßen. Unternehmen mit unzumutbaren Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit oder Umweltverstößen dürften es immer schwerer haben, bei Investoren Berücksichtigung zu finden. Umgekehrt können CSR-Maßnahmen werbe- und marketingwirksam eingesetzt werden.

Wettbewerbsvorteil im „War for talents“?

Und auch bei der Mitarbeiter-Rekrutierung wird das Wertesystem des Unternehmens zunehmend zum Thema. Wer als Arbeitgeber Dienstfahrräder zur Verfügung stellt, Monatskarten für den Nahverkehr anbietet, wer es den Mitarbeitern frei überlässt, von wo aus sie arbeiten und wer eine Mitarbeiterkantine betreibt, die regional kocht, kann gerade bei den jüngeren Mitarbeitern für viel Identifikationskraft sorgen. Übrigens kann sich die Einhaltung von ESG-Kriterien gerade in Krisenzeiten bezahlt machen. Dies hat sich zuletzt in den USA gezeigt: bei Unternehmen mit Krankenversicherungsleistungen und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall breitete sich der Virus weniger schnell am Arbeitsplatz aus. Zugleich waren Unternehmen besser für den Lockdown vorbereitet, die ihren Mitarbeitern die Wahl ihres Arbeitsplatzes schon vor der Pandemie freigestellt haben.

Europäer interpretieren Nachhaltigkeit ökologisch

Egal aus welchen Motiven Unternehmen nachhaltiger wirtschaften, tatsächlich können sie sich dem politischen Druck immer weniger entziehen. Die Frage lautet dabei immer weniger, ob, sondern vielmehr auf welcher Ebene Unternehmen nachhaltig agieren bzw. wo sich ihr nachhaltiges Engagement zeigt. Bei uns Europäern hat das Thema schon seit dem Urvater der Nachhaltigkeit eine ökologische Tradition: Carl von Carlowitz hat den Begriff vor etwas mehr als drei Jahrhunderten aus der Forstwirtschaft eingeführt. Die Kernaussage seines 1713 erschienenen Werk „Sylvicultura oeconomica“ lautet, dass nur so viel Holz geschlagen werden dürfe, wie durch „planmäßiges“ Wirtschaften nachwachsen könne. Dieser Grundgedanke findet sich in den europäischen Umwelt- und Klimaschutzbewegungen bis in die Gegenwart wieder. Es ist sicherlich kein Zufall, dass einer der Hauptkritikpunkte an der EU-Taxonomie für nachhaltiges Investieren darin besteht, dass Klimaaspekte einen zu hohen Einfluss haben und Sozialaspekte nur in einem geringen Maße Berücksichtigung finden.

„Amerikanische Nachhaltigkeit“ geht aus der Bürgerrechtsbewegung hervor

Anders in den USA: Den Amerikanern geht es beim Thema Nachhaltigkeit wesentlich mehr um Soziales, so Jens Güldner, Leiter der Abteilung Vermögens- und Stiftungsmanagement der Johannesstift Diakonie in Berlin. Ökologische Themen haben in den USA niemals die Prominenz erlangt wie hierzulande. Umgekehrt haben die amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen schon wesentlich früher den Blick auf soziale und ethnische bedingte Arbeitsrechtsverletzungen gelenkt.

Governance ist in den Schwellenländern ökonomisch motiviert

In den Schwellenländern hingegen stellt Nachhaltigkeit aus Sicht von Güldner zum Teil noch ein „Luxusthema“ dar. Bei den vordringlichen Themen wie einer transparenten Unternehmensführung und Korruptionsbekämpfung stehen ökonomische Interessen im Mittelpunkt. Schließlich erhöht dies die Chance, bei internationalen Geschäftspartnern und Investoren Gehör zu finden. Dass dem Aspekt der nachhaltigen Unternehmensführung auch hierzulande mehr Beachtung geschenkt werden sollte, ist spätestens mit dem Wirecard-Skandal offensichtlich geworden. Letztendlich aber, so Güldner weiter, müssen die ESG-Kriterien als Ganzes begriffen und muss Nachhaltigkeit umfassend gedacht werden. Nur so „wird ein Schuh daraus“.

Ein Wildwuchs an Nachhaltigkeitssiegeln

Die zunehmende Popularität von Nachhaltigkeitsthemen hat nicht unbedingt zur Qualität der Produkte beigetragen. Tatsächlich hat es der nachhaltig interessierte Anleger nicht leicht. Woran soll er sich guten Gewissens orientieren? Wer Bio-Lebensmittel einkaufen möchte, findet inzwischen im Supermarkt neben dem staatlichen Bio-Siegel eine Vielzahl anderer Siegel vor. Doch auf welches Siegel ist wirklich Verlass? Wo liegen Mogelpackungen vor? Dies fragt sich auch der nachhaltige Anleger angesichts des vielen Wildwuchses, der Vielzahl an Labels und Nachhaltigkeitszertifizierungen. Hinzu kommt, dass jedes Siegel das spezifische nachhaltige Verständnis eines Landes oder einer Organisation wiederspiegelt. Und diese können strenger oder weiter gefasst sein.

Nachhaltigkeitsresearch in amerikanischer Hand

Zwar gibt es mit dem FNG-Siegel des Forums für Nachhaltige Geldanlagen eine gute und zugleich seriöse Orientierung, welche Fonds Qualitätsstandards im Sinne eines nachhaltigen Investierens erfüllen. Doch ist dieses Label eben nur für Fondsanleger von Interesse und beschränkt sich zudem auf Fonds aus dem deutschsprachigen Raum. Für den vermögenden Privatkunden stellt sich die Frage, auf welche nachhaltigen Ratingagenturen der jeweilige Vermögensverwalter zurückgreift. Hier ist es in den letzten zehn Jahren zu einer deutlichen Konsolidierung gekommen. Nachhaltigkeitsresearch liegt inzwischen überwiegend in amerikanischer Hand: 2010 kaufte MSCI Riskmetrics, 2016 erwarb S&P Trucost, 2017 beteiligte sich Morningstar an Sustainalytics, 2018 schluckte ISS die oekom Research AG und vergangenes Jahr übernahm Moody’s Anteile am britisch-französischen Haus Vigeo Eiris.  

Kleinere Unternehmen benachteiligt?

Der Wegfall der ehemals vielen kleinen und die Oligarchie weniger großer amerikanischer Ratingagenturen hat zur Folge, dass oftmals die Marktkapitalisierung darüber entscheidet, ob das einzelne Unternehmen überhaupt Beachtung findet. Kleinere Unternehmen fallen schnell durch das Raster, da sie seltener nachgefragt werden und nicht in den großen Benchmarks aufgeführt sind. Zu den drei Ratingagenturen, welche von den Privatbanken am stärksten eingesetzt werden, zählen MSCI ESG Research, ISS-Oekom und Sustainalytics.

Den Anfang machen die eigenen Wertvorstellungen

Unabhängig davon, auf welche Ratingagentur die jeweilige Privatbank zurückgreift, sollte sich der vermögende Anleger selbst erst einmal darüber klar werden, welche Kriterien ihm wichtig sind. Orientiert man sich an den katholisch geprägten Kriterien der Bischofskonferenz? Identifi-ziert man sich mit den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen –angefangen von der Armuts- und Hungerbekämpfung, über die Geschlechtergleichheit bis hin zum Klimaschutz? Legt man auf bestimmte Aspekte wie etwa Tierschutz ganz besonders viel Wert? Die einfachste Vorgehensweise, um gewissenhaft sein Geld anzulegen, besteht darin, bestimmte Themen als In-vestments auszuschließen. Zu den prominentesten K.o.-Kriterien der Finanzindustrie zählen Waffen und Rüstung, Alkohol, Tabak, Glücksspiele, Pornografie, Kohle und Kernenergie, die Todes-strafe sowie Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen. Unternehmen, die in den Bereichen tätig sind oder gegen bestimmte Rechte verstoßen, kommen von vornherein für die Geldanlage nicht in Frage.

Null-Toleranz vs. Kompromissbereitschaft

Dies kann auch für ganze Staaten zutreffen. Wie etwa für die USA: Amerikanische Staatsanleihen sind für viele Anleger kategorisch ausgeschlossen, so lange in den USA die Todesstrafe praktiziert wird und man sich jenseits des Pariser Klimaabkommens bewegt. Angesichts des Volumens lässt der Wegfall amerikanischer Staatsanleihen das Anlageuniversum im Rentenbereich ganz erheblich schrumpfen. Generell stellt sich bei den Ausschlusskriterien die Frage, bis zu welchem Maße man kompromissbereit ist, ob man tatsächlich nach einem „Null-Toleranz-Konzept“ verfahren oder ob man über sog. Öffnungsklauseln bestimmte Schwellenwerte zulassen möchte. Dabei ist zu hinterfragen, welchen Anteil der nicht nachhaltige Geschäftszweig ausmacht und bis zu welchem Prozentanteil dieser zu tolerieren ist.

Positivkriterien immer mehr gefragt

Tatsächlich sieht man den reinen Einsatz von Negativkriterien zunehmend kritisch. Zum einen führt dieser Filter in letzter Konsequenz zu einem stark reduzierten Anlageuniversum. Zum an-deren zeitigt die Verwendung von Ausschlusskriterien keinerlei positive Wirkung. Unternehmen und Branchen, die von vornherein ausgeschlossen werden, agieren deshalb nicht nachhaltiger. Anders geht der Best-in-Class-Ansatz vor: Hier wird von vornherein kein Unternehmen ausge-schlossen, weil es der „falschen“ Branche – wie der Öl- oder der Rüstungsindustrie – angehört. Stattdessen geht es darum, die jeweils nachhaltigsten Unternehmen, die „Nachhaltigkeitsanfüh-rer“ in der jeweiligen Branche zu ermitteln und durch die Auszeichnung der Vorreiter zu einem Wettbewerb um Nachhaltigkeit zu motivieren. Bei diesem Ansatz greifen die ESG-Rankings gern auf Positivlisten als Bewertungsbasis zurück. Um Eingang ins Portfolio zu finden, ist ein hoher Score (vergleichbar mit einer guten Bonität bei Anleihen) Voraussetzung.

Fondsindustrie gerät unter Druck

Die Fondsindustrie hat inzwischen die ESG-Kriterien als das Maß aller Dinge bzw. künftiger Investmentprozesse erklärt. Sie rüstet gerade in großen Schritten um. Allerdings bleibt ihr nichts anderes übrig: Ab März 2021 soll jede KVG (Kapitalverwaltungs- bzw. Fondsgesellschaft) umfassende Informationen zum Thema ESG veröffentlichen. Ähnlich wie es sich jetzt schon beim Thema Risiko verhält, wird dann auch das Thema Nachhaltigkeit zum Bestandteil der Pflichtkommu-nikation und spätestens Ende 2022 ebenfalls in den Zeichnungsunterlagen enthalten sein. Um insbesondere von institutionellen Anlegern nicht gemieden zu werden, müssen sich Fondsanbieter um eine klare ESG-Strategie bemühen und darlegen, in welcher Form sie Nachhaltigkeitskriterien in ihrem Anlageprozess berücksichtigt.

Institutionelle Anleger zu 80 % bereits nachhaltig investiert

Wer unter den Investoren ist bereits nachhaltig unterwegs und wer hat es sich für künftige Anlagen auf die Fahne geschrieben? „Je vermögender, desto nachhaltiger“, so lässt sich vereinfacht zusammenfassen, wer bereits nachhaltig investiert. Dies betrifft vor allem institutionelle Anleger wie Stiftungen, Versicherungen und große Family Offices. Morgan Stanley hat gerade in einer umfangreichen Umfrage ermittelt, dass 80 % dieser Anleger bereits Nachhaltigkeitskriterien in der Geldanlage berücksichtigen – Tendenz steigend.

Geringer Kenntnisstand bei Privatanlegern

Ganz anders fallen die Zahlen im Privatkundensegment aus. Die hohe Popularität des Themas Nachhaltigkeit spiegelt sich nicht im Kenntnisstand der Privatanleger wieder. Im Gegenteil: Einer aktuellen Studie des Instituts für Altersvorsorge zufolge können gerade einmal 14 Prozent der Deutschen die Frage beantworten, was unter einer nachhaltigen Kapitalanlage zu verstehen ist. Lediglich ein Fünftel der Privatanleger verfügt bislang über Erfahrungen mit nachhaltigen Geldanlagen. Doch das Interesse wächst. Und dies gerade bei den Jüngeren: In der Altersgruppe bis 35 Jahre geben mehr als 30 Prozent an, bei der Kapitalanlage bereits ESG-Kriterien beachtet zu haben. Unter den 16 bis 25-Jährigen sind es mit 46,9 Prozent nahezu die Hälfte, welche in den nächsten zwölf Monaten ESG-Kriterien zum Maßstab ihrer Geldanlage machen wollen. Der Wille ist also da, bei künftigen Anlageentscheidungen Nachhaltigkeitskriterien stärker zu berücksichtigen. Doch was haben die Banken zu bieten?

4 Stufen der Nachhaltigkeit bei Privatbanken

Insgesamt schon recht viel! Die meisten Banken sind dabei, mehr und mehr das Thema „Nachhaltigkeit“ in den eigenen Investmentprozess zu integrieren. Dabei greift man ähnlich wie die Fondsindustrie vorwiegend auf Ratingagenturen zurück, die mit einem ESG-Filter operieren. Bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass die Bankhäuser sehr unterschiedlich weit mit dem Thema vorangeschritten sind. Sind die einen in Sachen Nachhaltigkeit gerade erst aufgebrochen, so befinden sich andere schon in der Zielgeraden. Zumindest vier Entwicklungsstufen lassen sich dabei unterscheiden:

  • Nachhaltige Fremdprodukte: Hier handelt es sich um die Finanzinstitute, die zwar nachhaltige Fremdfonds im Produktportfolio führen, jedoch über kein Nachhaltigkeitsresearch verfügen bzw. an dieser Stelle angeben, auf das Research und auf die Analysen der Fondsgesellschaften zurückzugreifen.
  • Externes Nachhaltigkeitsresearch: Im nächsten Schritt bietet man nicht nur fertige, aber fremde Nachhaltigkeitsprodukte an, sondern nimmt auch eine Einzeltitelselektion vor. Dabei greift man auf das Rating namhafter Agenturen in puncto Nachhaltigkeit zurück. In den meisten Fällen verfügt man über eine nachhaltige Vermögensverwaltung .
  • Hauseigenes Nachhaltigkeitskomitee: Auf dieser Stufe gibt es bereits einen eigenen Auswahlprozess, bei dem ein Nachhaltigkeitskomitee regelmäßig zusammenkommt und über einzelne nachhaltige Investments entscheidet. In den meisten Fällen hat man auch hauseigene Fonds im Angebot.
  • Hauseigener Nachhaltigkeitsprozess: Bei diesen Banken findet jenseits von Nachhaltigkeit nichts mehr statt. Das Thema ist voll umfänglich in den eigenen Investmentprozess integriert. Zugleich „lebt“ man das Thema in der Bank in vollen Zügen aus.

Nachhaltigkeit hat seinen Preis...oder etwa nicht?

Und welchen Preis hat man für sein „gutes Gewissen“ zu zahlen? Erstaunlich wenig! In den meisten Fällen nämlich ist nachhaltiges Investieren ggü. der konventionellen Geldanlage nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden. Dies erstaunt, da nachhaltiges Investieren durchaus mit mehr Research und so mit Zusatzkosten verbunden ist. Trotzdem schlagen nur wenige Institute die „Nachhaltigkeitskosten“ oben drauf, allerdings, ja allerdings nur solange es sich um „Nachhaltigkeit von der Stange“ handelt. Sobald der Anleger seine persönlichen Wert- und Nachhaltigkeitsvorstellungen zum Maß der Dinge macht, wird die Eintrittsbarriere angehoben. Maßgeschneiderte Nachhaltigkeit auf Einzeltitelbasis verlangt in der Regel ein mehrfaches Millionenvolumen.

Zukunftsbranchen oder Substanzwerte?

Und wenn vom Preis die Rede ist, stellt sich auch gleich die Frage nach der Performance. Anders gefragt: Ist nachhaltiges Investieren mit Renditeeinbußen verbunden? Zumindest nach Meinung der meisten Nachhaltigkeitsexperten ist dies nicht der Fall. Zwar werde das Anlageuniversum eingeschränkt, doch dies treffe ja für jede dezidierte Anlagestrategie zu. Am Ende entscheidet die Qualität der Einzeltitelauswahl auch hier, meint der Stiftungsmanager Jens Güldner. Und so unterschiedlich das Thema Nachhaltigkeit von den Wertvorstellungen gespielt werden kann, so verschieden sind auch die damit verbundenen Anlagestrategien. So mag es durchaus Sinn machen, „Nachhaltigkeit“ mit einer langfristig ausgerichteten Value-Strategie zu verbinden. Und tatsächlich verfolgen nicht wenige Häuser einen solchen Ansatz. Die für ihren an Warren Buffett orientierte Vermögensverwaltung Acatis stellt ein gutes Beispiel dafür dar. Umgekehrt kann Nachhaltigkeit auch bedeuten, auf nachhaltig ausgerichtete Zukunftsbranchen zu setzen – also zunächst einmal eher wachstums- als substanzorientiert. Und auch dieser Ansatz wird erfolgreich praktiziert – u.a. von der Globalance Bank als einem der Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Wir sehen: Nachhaltigkeit ist ein weites Feld – in jeder Hinsicht!

Fazit: In den Köpfen der meisten Privatanleger ist das Thema noch nicht angekommen. Gleichwohl führt an Nachhaltigkeit kein Weg vorbei. Die Fondsindustrie und mithin die ganze Finanzindustrie ist dabei, ihre Prozkte auf die neuen gesetzlichen Vorgaben – und das heißt auf Nachhaltigkeit – einzustimmen. Unternehmen, die sich jenseits der ESG-Kriterien bewegen, werden es immer schwerer haben, im Anlageuniversum der Fonds berücksichtigt zu werden.
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