Als vermögender Kunde bleibt es auf der Homepage der Deutschen Bank etwas unklar, wie man sich einzuordnen hat. Ist man "noch" ein Private Banking Kunde oder aufgrund des Anlagevolumens schon im "Wealth Management" angesiedelt? Lautet der Slogan der Private Banking Abteilung "Beste Verbindung für Ihr Vermögen", so wird es beim Wealth Management individuell: "Vermögensmanagement. Maßgeschneidert". Zwar erfährt der Kunde nicht, welchem Segment er sich zuordnen darf. Aber immerhin wird ihm die Größe der Bank in Form eines gesamten Kundenvermögens i.H.v. 215 Mrd. Euro nahe gebracht: Big is beautiful! Ob man da als einzelner Kunde über genügend "Größe" verfügt?
Ein unpersönlicher Erstkontakt
Der Erstkontakt erfolgt unpersönlich und pragmatisch zugleich: Den Kundenanruf bei der Düsseldorfer Filiale in der Königsallee leitet man sofort weiter – zum Kundencenter der Private Banking Abteilung. Aha! Hier erfährt der Kunde, was er für das anstehende Beratungsgespräch alles dabei haben solle: Personalausweis, Depotunterlagen sowie eine Lohnbescheinigung. Außerdem kündigt man an, dass sich der persönliche Ansprechpartner vor dem Termin nochmals beim Kunden melden würde. Zwar erhält dieser per Mail eine Terminbestätigung. Doch die Ankündigung verläuft ins Leere. Vor dem eigentlichen Treffen in der Filiale meldet sich von der Deutschen Bank niemand mehr. Es bleibt vorerst unpersönlich.
Die zentralen Anliegen des Kunden:
- Anlagevolumen: 1,0 Mio. Euro
- Anlagehorizont: langfristig
- Nachhaltigkeitsfokus: i.S. der deutschen Bischofskonferenz
Größe zeichnet auch das riesige und mit einem Marmorfußboden ausgestattete Entrée der Deutschen Bank aus. Der Ledersessel und Beistelltische umfassende WARTEbereich macht seinem Namen alle Ehre. Schließlich ist die Geduld des Kunden gefordert: der angekündigte Berater erscheint mit 45 Minuten Verspätung und erklärt, dass er von der Zentrale nicht über den Vororttermin informiert worden ist. Offenbar legt man auf interne Kommunikation nicht ganz so viel Wert. Anders lässt sich nur schwerlich erklären, dass der Berater keine der Daten bereithält, welche der Kunde bereits im Vorgespräch bei dem Kundencenter gemacht hat. So muss sich der Kunde in der diskreten "Beraterbox" ein zweites Mal mit seinem Anliegen erklären.
Altersvorsorge "verdrängt" Nachhaltigkeit
Da der Berater anstelle der in Aussicht gestellten zwei Stunden lediglich über eine Stunde Zeit verfügt, kann das Beratungsgespräch nicht in der gewünschten Tiefe erfolgen. Und was das eigentliche Kundenanliegen in Sachen "nachhaltiges Investieren" betrifft, so wird dieses aufgrund der fehlenden Zeit zur Nebensache. Erst als der unvorbereitete Berater schließlich einsehen muss, dass er am Thema Nachhaltigkeit nicht vorbeikommt, jedoch zu dem Thema nichts beizutragen hat, holt er einen weiteren Berater hinzu. Dieser erfragt zunächst – und damit für den Kunden zum dritten Mal in kurzer Folge – wesentliche Kundendaten und allgemeine Anlageziele ab. Anstelle einer nachhaltigen Anlageberatung führt man einen Finanzcheck durch.
Dabei geht es im Wesentlichen um das Thema Altersvorsorge. Es umfasst u.a. die Bereiche "Berufsunfähigkeitsversicherung" sowie Absicherung der eigenen Gesundheit. Das Rendite-Risiko-Profil des Kunden evaluiert man nicht. Trotz des hinzu gekommenen und besser informierten Beraters bleibt das eigentliche Kundenanliegen in puncto "Nachhaltigkeit" an der Oberfläche. Von einer nachhaltigen Anlagestrategie ist nicht die Rede, geschweige denn von Wertpapieren, Anlageinstrumenten und möglichen Kosten einer Vermögensverwaltung.
Ein veralteter Börsenausblick sowie ein unleserlicher Artikel zum Thema Nachhaltigkeit
Ein wenig Engagement kommt auf, als ein Berater die Box verlässt, um Infomaterial für den interessierten Kunden in spe zu besorgen. Dies jedoch ist recht dünn: Neben den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen "Basisinformationen über Wertpapiere und weitere Kapitalanlagen" bekommt der Kunde einen Zeitungsartikel aus der Welt zu lesen. Das Anlageverhalten von Donald Trump wird darin mit dem von Greta Thunberg verglichen. Der Artikel ist direkt aus der Zeitung kopiert und derart runtergezoomt, dass das Lesen anstrengend wird und für Viele eine Lupe erfordert. Mit dem Artikel – so der Eindruck des Kunden – möchte man zu verstehen geben, dass man auch schon etwas von "Nachhaltigkeit" gehört bzw. gelesen hat und das Thema für wichtig hält. Darüber hinaus erhält der Kunde einen 5-Pager, welcher die Marktmeinung der deutschen Bank enthält: "Meine Prognosen für 2020". Redaktionsschluss dafür war der 28.11.2019. Entsprechend optimistisch ist zu dem Zeitpunkt noch der Ausblick. Als Hauptherausforderungen für das Anlagejahr 2020 werden der US-Wahlkampf, der Handelsstreit und der Brexit genannt. Zugleich geht man mit einem bemerkenswerten Stoizismus über die zu dem Zeitpunkt schon allgegenwärtige Coronakrise hinweg.
Immerhin: Die Verspätung entschuldigt man mit einem Kaffee und einen Snack auf Kosten des Hauses – übrigens ein kostenloser Service, der eigentlich eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte, zumindest wenn man internationale Standards im Private Banking zu Grunde legt. Der Kunde verlässt die Bank mit dem Gefühl, seine Zeit verschwendet zu haben. Beide Berater bemühen sich noch um einen Zweittermin. Im Nachhinein gibt es weder ein Gesprächsprotokoll noch – wen wundert's? – einen Anlagevorschlag. Offenbar ist der Kunde doch nicht groß genug für eine individuelle Beratung – dem Wealth Management.
Preis-Leistungsverhältnis
k.A.
Dienstleistungsportfolio
k.A.
Nachhaltigkeitsexpertise
k.A.
Teilnahme: Performance-Projekt: Nein
Kontakt
Anschrift: Deutsche Bank AG Private Wealth Management, Königs Allee 45-47, 40189 Düsseldorf, Deutschland
Internet: www.deutsche-bank.de