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Vom Gesprächsprotokoll zur Vermögensstrategie

Was Kunden von einem guten Anlagekonzept erwarten dürfen

Anlagevorschlag. Copyright: Pixabay
Das Beratungsgespräch ist gut gelaufen. Sie haben den Eindruck gewonnen, dass sich Ihr Berater in Sie hineigedacht hat und sich gründlich mit Ihnen, Ihren Wünschen und Vorstellungen auseinandergesetzt hat. Jetzt geht es darum, was die Bank konkret daraus macht. Nicht immer setzt sich hier der gute Eindruck fort. Beim Anlagevorschlag sollten Kunden ebenfalls die Qualitätsmerkmale im Auge behalten.

Vor der Zusendung des eigentlichen Vorschlags steht das Gesprächsprotokoll. Es handelt sich dabei nicht um das gesetzliche Beratungsprotokoll! Dieses müssen Banken und Vermögensverwalter seit der Fi­nanzkrise erstellen, sofern sie Empfehlungen zu kon­kreten Produkten wie Investmentfonds, Aktien oder anderen Wertpapieren aussprechen. Aber dieses ge­setzliche Protokoll ist für Sie in der Praxis nur begrenzt hilfreich. Nicht selten werden Sie mit einer Fülle von "Factsheets'' und sog. "Anlegerinformationen'' über­schüttet. Die vielen Details lenken den Blick weg vom großen Ganzen, dem eigentlichen Beratungsziel.

Was ein gutes Protokoll auszeichnet

Fernab von gesetzlichen Vorgaben und for­mularmäßigen Protokollen zeichnet sich ein gutes Gesprächsprotokoll durch seine Individualität aus. Der Kunde sollte es drei bis fünf Tage nach der Beratung per Brief oder Mail erhalten. Darin sollten die wesent­lichen Eckdaten des Gesprächs in einer verständlichen Form dokumentiert sein. Gute Protokolle haben – je nach Gesprächsinhalt – einen Umfang von zwei bis fünf Seiten. Sie beinhalten die Ausgangssituation, die finanziellen Eckdaten zum Vermögen und das konkrete Beratungsanliegen. Auch die persönliche Lebenssituati­on ist dokumentiert und natürlich der konkrete Anlage­wunsch.

Vorsicht Floskeln!

Wenig hilfreich ist es, wenn Anbieter mit Floskeln und mehrdeutigen Formulierungen aufwarten. "Sie sind ein konservativer Anleger'', kann sehr unterschiedlich interpretiert werden. Die einen deuten das als Anlage strategie, bei der kein Risiko eingegangen wird. Andere meinen, dass das Vermögen langfristig erhalten werden soll. Und selbst diese Erklärung reicht nicht aus. Es muss dokumentiert werden, ob das Vermögen dem Nominalwert nach erhalten werden oder auch die Inflation ausgeglichen werden soll. Zudem versteht ein Aktien­freund unter "konservativ'' eher Dividendenaktien als Staatsanleihen. Sie sehen: Das Gesprächsprotokoll muss präzise formuliert sein.

Die Basis für alles Weitere

"Warum dieser Aufwand?", könnten Sie an dieser Stelle fragen. Der Grund: Weil es genau an diesem Punkt im Beratungsablauf darum geht, dass die weite­ren Empfehlungen und Vermögensstrategien auf der richtigen Datenbasis entwickelt werden. Hat sich ein Missverständnis zwischen Berater und Kunden einge­schlichen, wird dies im Gesprächsprotokoll sichtbar.

Qualitätsorientierte Häuser erkennen Sie daran, dass sie das Protokoll nach der Beratung und vor der Entwick­lung des konkreten Vorschlags zusenden. Der Vermö­gende wird hier richtigerweise in die Pflicht genommen. Sind nämlich Fehler in der Dokumentation vorhanden, muss er dies seinen Beratern mitteilen. Ansonsten trägt er eine gehörige Portion Verantwortung dafür, wenn die Vermögensstrategie doch nicht zu den gewünschten Zielen passt.

Erst jetzt: der Anlagevorschlag

Auf das (korrigierte) Gesprächsprotokoll folgt erst der eigentliche Anlagevorschlag. Auch hier gilt: Er muss für den Kunden verständlich und nachvollziehbar sein. Fehlt diese Eigenschaft, sind viele Fremdwörter und Fachbegriffe zu lesen und verliert man schnell die Lust, weiterzulesen, ist Skepsis angebracht. Offensichtlich kann oder will der Vermögensverwalter nicht kunden­gerecht kommunizieren. Ein Manko, das auch ein Indiz für die Kommunikation in der weiteren Geschäftsbezie­hung sein kann.

Ein guter Vorschlag kommt gleich zur Sache

Ein guter Vorschlag kommt gleich zur Sache und benötigt nicht zig Seiten, um die Bank oder die allgemeine Marktentwicklung vorzustellen. Schließlich geht es um den Kunden, und der gehört in den Mittelpunkt der schriftlichen Ausarbeitungen. Ein guter Anlagevorschlag beschreibt also kurz die Ausgangslage – als Extrakt aus dem Beratungsprotokoll. Danach sollte es um die Entwicklung einer Vermögens­strategie gehen. Konkrete Produkte und Wertpapiere haben hier noch nichts zu suchen.

Wichtig ist, dass der (neue) Grundaufbau Ihres Vermögens zu Ihren Zielen passt – und dies nachvollziehbar begründet wird. Ein Vermögender, der mit einem maximalen Verlust von 20% leben kann, ist mit einer Vermögensaufteilung mit 90% Renten und 10% Aktien schlecht bedient. Er ver­zichtet nämlich langfristig auf Rendite. Das "Produkt" passt dann nicht zu seinen Zielen als Anleger. Der Vor­schlag ist nicht bedarfsgerecht.

Ihre Wünsche stehen im Mittelpunkt

Teilt der Kunde sein Vermögen in zwei Teile, so muss sich das auch im Vorschlag wiederfinden. Jeder Vermögensbau­stein muss dann für sich erklärt werden. Oder wenn das Vermögen für den Ruhestand dienen soll, bedarf es auch einer plausiblen und nachvollziehbaren Prüfung, ob das dafür reservierte Vermögen tatsächlich reicht.

Ist aufgezeigt, dass die neue Vermögensstruktur zu den Wünschen des Kunden passt, muss das Risiko er­läutert werden. Dazu können die Vermögensmanager zeigen, wie sich dieser Vorschlag in den letzten fünf oder zehn Jahren entwickelt hätte. Anleger sollten darauf achten, dass die Kursverläufe rund um das Jahr 2008 zu sehen sind. Die Zeit des Ausbruchs der Finanzkrise ist deshalb wichtig, weil viele Marktmechanismen nicht funktionierten und sich Panik und Irrationalität am Markt zeigten. Vorsicht ist geboten, wenn die Vermö­gensverwalter ihren Rückblick erst im Jahr 2009 oder 2010 beginnen. Dann liegt der Verdacht nahe, dass hier etwas verborgen bleiben soll. Als Begründung für den späten Beginn ist häufig zu hören, dass die empfohlene Strategie erst 2009 aufgelegt wurde. Dann stellt sich natürlich die Frage, warum eine neue Strategie entwickelt werden musste? Meist zeigt sich, dass die Vermögensmanager in den Jahren zuvor unerfreuliche Ergebnisse erzielt hatten.

Kasten: Der gute Anlagevorschlag

  • Sie haben vor Zusendung des Anlagevorschlags ein gesondertes Gesprãchsprotokoll erhalten
  • Alle Unterlagen sind für Sie nachvoll­ziehbar und verständlich gestaltet
  • Die vorgeschlagene Vermögensstrategie passt zu Ihnen und Ihren Zielen
  • Die Risiken werden anhand eines Stresstests ausführlich erläutert
  • Sie erhalten einen detaillierten Einblick in die konkrete Anlagestrategie und die eingesetzten Wertpapiere
  • Es gibt eine übersichtliche Zusammen­fassung

Blick zurück

Gerne wird – wenn die vorgeschlagene Strategie erst seit kurzer Zeit umgesetzt wird – mit ,,Backtests'' gearbeitet. Bei diesen Tests handelt es sich um eine ver­gangenheitsorientierte Simulation meist auf Basis von allgemein zugänglichen Indexdaten. Auch hier ist Vor­sicht geboten! Häufig hat sich gezeigt, dass die so gut durchdachte Strategie in der Realität nicht funktionier­te – oder deutlich schlechtere Ergebnisse produzierte. Nicht selten werden bei diesen Backtests die Kosten
"vergessen". Es wird eine Rendite von z.B. 4% p. a. ausgewiesen, der Vermögensverwaltungskunde muss aber zusätzlich noch die Kosten von i. d. R. 1% und mehr und natürlich die Steuern bezahlen. Solche Zahlen sollten Sie hinterfragen.

Blick nach vorn

Andere Häuser verzichten auf einen Rückblick und simulieren die Vermögensentwicklung in die Zukunft. Dazu nutzen sie komplexe Rechenprogramme und Al­gorithmen. Sie sollten wissen, dass es dabei viele Gestal­tungsmöglichkeiten gibt. Im Zentrum stehen die Rendi­teschätzungen der Vermögensverwalter. Die Ergebnisse weichen stark ab, wenn z. B. bei amerikanischen Aktien mit 6% oder 9% Jahresrendite gerechnet wird. Gleiches gilt für die Annahme der Renditen für Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen. Daher zeichnet sich ein guter Anlagevorschlag dadurch aus, dass er die konkre­ten Renditeschätzungen benennt. Grundsätzlich gilt: Wer mit hohen Aktienrenditen im zweistelligen Bereich rechnet, ist (zu) optimistisch. Das gilt auch bei Anlei­herenditen von vier oder mehr Prozent pro Jahr. Selbst wenn diese Werte im historischen Durchschnitt erzielt wurden, so ist das Enttäuschungspotenzial für den Anleger aus heutiger Sicht groß. Die vergangene Jahre zumindest brachten über einen längeren Zeitraum deutlich niedrigere Zinsen als im historischen Durchschnitt zu erwarten gewesen wäre.

Stresstest = QuaIitätstest

Zum guten Anlagevorschlag gehört also ein aus­sagekräftiger Stresstest. Sie sollten aber die ausgewie­senen Daten nicht zu wörtlich oder als feste Größen nehmen. Stresstests sind gut geeignet, um festzustellen, ob der Vorschlag zu Ihnen passt. Weniger geeignet ist die nackte Darstellung von Risikokennzahlen wie "Vo­latilität" oder simple Prozentangaben über die Schwan­kungsbreite. Besser und damit Kennzeichen eines guten Anlagevorschlags, sind verständliche Angaben wie der "maximale Verlust", meist auf eine 12-Monats-Periode angegeben. Noch hilfreicher ist die Angabe des abso­luten maximalen Verlusts, denn Verlustphasen können auch länger als 12 Monate andauern. Dazu gehört die Mit­teilung, wie lange es in etwa dauern wird, diesen Verlust wieder auszugleichen ("Unterwasser-Phase").

Was ist drin im Depot?

Erst jetzt werden Sie in einem guten Vorschlag die konkreten Wertpapiere erfahren, die eingesetzt werden sollen. Wird Ihnen eine Vermögensverwaltung empfoh­len, handelt es sich meist um einen aktuellen "Schnappschuss" in das künftige Depot. Gut ist, wenn exoti­sche oder spezielle Wertpapiergattungen erläutert werden. Titelangaben wie "XY CAT Fund"überfor­ dern in der Regel den Laien. Daher sollte der Anleger darauf achten, ob ihm solche eingesetzten Instrumente mit wenigen Worten erklärt werden.

Wichtig: die Zusammenfassung

Ein guter Vorschlag zeichnet sich durch eine Zu­sammenfassung aus. Welche Ziele sollten erreicht wer­den – und ist das im Vorschlag auch umgesetzt worden? Grafische Elemente sind dabei besonders hilfreich. Manche Häuser setzen ein Ampelsystem ein. Ist die Ampel auf grün, wurde das Ziel erreicht. Rotes Licht heißt, der Kundenwunsch ist nicht erfüllbar. Das ist übrigens kein Manko, sondern spricht für eine ehrliche und ungeschminkte Kommunikation des Vermögens­verwalters. Es werden keine Erwartungen geschürt, die nicht erfüllbar sind.

Und die Kosten?

Ein Vorschlag ohne konkrete Kostenangaben ist unvollständig. Der Kunde hat ein Recht darauf zu wis­sen, was er für die Leistung des Vermögensmanagers zu zahlen hat. Daher spielen die konkreten Angaben zu versteckten Provisionen (sog. Kickbacks oder auch Vertriebsfolgeprovisionen) eine wichtige Rolle. Im Honorarangebot muss stehen, was mit diesen passiert: Werden sie an den Kunden ausgezahlt oder einbehal­ten? Wenn der Vermögensverwalter sie behalten will, sollte er die genaue Höhe angeben. Inzwischen regelt hier die europäische Verbfraucherschutzlinie MiFid II genau, wie die Kosten aufgeschlüsselt werden müssen. Sehen Sie keine detaillierte und verständliche Kostenaufschllüsselung, ist etwas "faul".

Transparenz ist ein Qualitätsmerkmal

Hier befinden sich – so unsere Erfahrungen – die Banken und Vermögensverwalter noch immer auf der Suche nach eindeutigen und nachvollziehbaren Darstellungen. Nur wenige haben hier ein Format gefunden, dass den Anforderungen des gesetzgebers und dem Vorwissen der Kunden gerecht wird. Sehr konkret und eine vorbildliche Lösung ist es, wenn der Anbieter z.B. sagt: "Wir berechnen Ihnen 1% p. a. vom Vermögen zzgl. Umsatzsteuer als Honorar. Darin sind auch alle Depotgebühren und Transaktionen ent­halten. Zusätzlich erhalten wir Kickbacks, die auf Basis des konkreten Vorschlags 0,35% p. a. betragen. Diese können schwanken, daher teilen wir Ihnen regelmäßig mit, welche Gebühren wir insgesamt vereinnahmen''. Fachbegriffe sollten stets in verständlicher Form erläutert werden – am besten direkt bei ihrer Verwen­dung. Aber auch ein "Glossar" am Ende des Vorschlags erfüllt diesen Zweck.

Fazit: Einen guten Anlagevorschlag machen Trans­parenz und Nachvollziehbarkeit aus – neben der fachlichen Qualität, von der der Erfolg maßgeblich abhängt.
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