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Wichtiger Rohstoff in der Autoproduktion wird immer teurer

Geht jetzt der Autoindustrie das Magnesium aus?

Autos im Stadtverkehr. Copyright: Pexels
Erst wurden die Chips knapp. Nun wird auch Magnesium knapp. Das reduziert für die kommenden Wochen und Monate die Arbeitsmöglichkeiten vieler Autofirmen in Europa. Die Normalisierung kann sich bis weit in das Jahr 2022 hinziehen.

Die in Europa verfügbaren Magnesium-Bestände könnten noch in diesem Jahr komplett aufgebraucht sein. Das hätte im schlimmsten Falle den Stillstand der Autoproduktion zur Folge. Mehrere Autohersteller in Deutschland wie auch in Frankreich bereiten sich derzeit auf den Ernstfall vor. Sie planen, die Zahl der täglichen Arbeitsschichten nochmals – über die Chip-Beschränkungen hinaus – zu reduzieren.

In Europa wird derzeit unter Ausklammerung Russlands so gut wie kein Magnesium produziert. Die früheren Produzenten, wie etwa der norwegische Aluminiumkonzern Norsk Hydro, haben dieses Produkt aufgegeben. Die Erzeugung war im Wettbewerb mit den früheren chinesischen Preisen nicht mehr konkurrenzfähig. In den Vereinigten Staaten ist US Magnesium ein verbliebener nennenswerter Produzent.

China macht den Rohstoff knapp

Die inzwischen spürbar werdenden Versorgungsprobleme gehen im wesentlich auf China zurück. Dort beschneidet die anhaltende Energiekrise die Magnesium-Produktion erheblich. Das nach Eisen und Aluminium drittwichtigste Metall kommt seit langem vorwiegend aus China. Von der Weltproduktion von gut 1,1 Millionen Tonnen im Jahr entfallen allein etwa 87% auf China und weitere 6% auf den zweitwichtigsten Produzenten, Russland. Verkauft wird Magnesium direkt von den Produzenten an große Verbraucher sowie über die Metallbörsen der Welt (u.a. die London Metal Exchange, LME).

Die Knappheit sorgt für entsprechend saftige Preise. Im Oktober vergangenen Jahres kostete Magnesium geringfügig mehr als 2.000 Dollar je Tonne. Im Oktober dieses Jahres erreichte der Magnesiumpreis deutlich mehr als 9.000 Dollar je Tonne. Aus China kommen bisher keine Signale, die auf eine Preisberuhigung schließen lassen könnte. Folglich befürchten die Abnehmer aus der Autoindustrie eine weitere Steigerung der Preise. Folge: Der Metallhandel – etwa die deutsche Wirtschaftsvereinigung Metalle – bedrängt die Bundesregierung bereits mit Peking Gespräche zur Verbesserung der Versorgungssicherheit und damit zur Preisberuhigung aufzunehmen.

35% der Weltproduktion geht in KfZ

Die mit Abstand wichtigste Verwendungsart von Magnesium ist die Erzeugung von Aluminiumlegierungen. 35% der Weltproduktion an Magnesium geht in Kraftfahrzeuge. Alu-Legierungen werden vielfältig im Auto verwendet. Ohne Magnesium-Zusatz wäre Aluminium für viele Anwendungen jedoch kaum brauchbar. Magnesium härtet Aluminium für Motorblöcke, Getriebe sowie für Lenksysteme, Tankbehälter und die Sitze im Fahrzeug. Magnesium wird allerdings auch in der Stahlproduktion zur Schwefel-Entfernung benutzt und spielt bei der Titan-Herstellung eine Rolle.

Für Verbraucher ist Magnesium vor allem als Bestandteil zahlreicher Arzneimittel bekannt. Von der Menge her ist deren Produktion aber im Vergleich unbedeutend. In der Vergangenheit sind immer wieder Komponenten bis hin zu kompletten Flugzeugmotoren ganz aus Magnesium gefertigt worden. Als Hindernis erwies sich dabei allerdings die hohe Feuergefährlichkeit des Metalls. Brände haben extreme Temperaturen zur Folge. Dies war im II. Weltkrieg ein Anreiz, die Brandbomben für Flächen-Bombardements mit Magnesium anzureichern.

Nur kurze Zeit lagerfähig

Zu den Schwierigkeiten im Umgang mit Magnesium gehört aber nicht nur dessen Feuergefährlichkeit. Auch die unerwünschte, starke Oxidation des Metalls bereitet Probleme. Diese setzt schon nach drei Monaten ein. Das reduziert die längerfristigen Lagerungsmöglichkeiten deutlich. Die bisher gravierendste Folge der zunehmenden Magnesium-Knappheit ist die Verteuerung.

Magnesium steht inzwischen auf der EU-Liste der besonders kritischen Rohstoffe. Dahinter steckt die Befürchtung, dass die knapper werdende Magnesium-Erzeugung in China immer mehr zugunsten der eigenen Industrie und zu Lasten des Exports umgeleitet wird.

Extrem viel Strom bei der Herstellung benötigt

Dass die Magnesium-Produktion so stark unter der Energiekrise in China leidet, geht vor allem auf den hohen Strombedarf beim Herstellungsprozesses zurück. Je Tonne Magnesium werden 35 bis 40 Megawattstunden Strom benötigt. Das ist mehr als das Doppelte, was die schon als stromintensiv eingeordnete Aluminium-Erzeugung erfordert.

Von der gesamten chinesischen Magnesium-Erzeugung entfällt ein hoher Anteil auf die Provinz Shaanxi und hier besonders die Stadt Yulin. Dort hat die regional zuständige Behörde erst im September dieses Jahres zwei Drittel der rund 50 ansässigen Magnesium-Hütten angewiesen, die Produktion für den Rest des laufenden Jahres Strommangel-bedingt ganz einzustellen. Wer weiter Magnesium produzieren darf, muss die Erzeugung allerdings auf die Hälfte drosseln.

Recycling zur Deckung eines Teils des Bedarfs

In USA arbeitet die Aluminiumwirtschaft daran, die Aufbereitung von Schrott so zu steigern, dass daraus wenigstens ein Teil des eigenen Magnesium-Bedarfs gedeckt werden kann. Das reicht aber bei weitem nicht, um den gesamten Magnesium-Bedarf der amerikanischen Industrie zu decken. Selbst bei einer Normalisierung der Magnesium-Produktion in China wäre noch für mehrere Monate mit Lieferengpässen und besonders hohen Preisen zu rechnen.

Fazit: Nicht nur für die Autofirmen ist die Lage ernst. Die chinesischen Lieferschwierigkeiten für Magnesium machen auch vielen anderen Branchen zu schaffen.

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