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Weltweite Vernetzung nimmt wieder zu

Globalisierung nicht zu stoppen

Globalisierung nicht zu stoppen. Copyright: Pexels
Auch Corona bringt die Globalisierung, also den internationalen Austausch von Gütern, Geld und Menschen, nicht zum Erliegen. Nur die Dynamik des Wachstums hat sich verringert. Der Begriff Deglobalisierung trifft nicht.

Die Globalisierung – der internationale Austausch von Gütern, Geld und Menschen – hat seine Pandemie-Pause beendet. Zwar brach im letzten Jahr der Welthandel mit 5,3% stärker ein als das weltweite BIP mit -4%. Aber in diesem Jahr wird er mit voraussichtlich +8% wesentlich stärker wachsen als das Welt-BIP mit 5,8%. Auch in den vergangenen zehn Jahren wuchs der Welthandel ähnlich stark oder stärker als das weltweite BIP.

Nur wenige Unternehmen in Deutschland setzen trotz der Corona-Pandemie auf neue nationale Lieferketten und wollen die globale Beschaffung ersetzen. Das geht aus einer ifo-Studie für die Konrad-Adenauer-Stiftung hervor. Von 5.000 befragten Unternehmen will nur jedes zehnte Unternehmen in Zukunft vermehrt auf heimische Lieferketten setzen. „Viele Firmen planen stattdessen, ihre Lagerhaltung auszubauen und die Anzahl ihrer Zulieferer zu erhöhen“, sagt Lisandra Flach, Leiterin des ifo Zentrums für Außenwirtschaft.

Alle Wirtschaftssektoren betroffen

Dieser Trend zieht sich durch alle Wirtschaftssektoren. Großunternehmen setzen auf eine größere Anzahl an Zulieferern, während kleine und mittelständische Unternehmen mehr Lagerhaltung planen. In der Industrie haben 44% der Unternehmen vor, ihre Beschaffung zu ändern. „Industrieunternehmen geben häufiger an, ihre Beschaffungsstrategie zu verändern, wenn sie von Materialmangel betroffen sind“, sagt Flach. Beim Großhandel liegt der Wert bei 35%, im Einzelhandel sind es nur 27%. Im Dienstleistungssektor planen lediglich 10% der Unternehmen eine andere Beschaffungsstrategie.

Besonders kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fällt eine stärkere Diversifizierung ihrer Lieferbeziehungen oft nicht leicht. Für sie ist es häufig mit verhältnismäßig großem Aufwand verbunden, Geschäftsbeziehungen mit mehreren ausländischen Zulieferern aufzubauen und zu koordinieren.

Geringere Globalisierungsdynamik als in den Neunzigern

Richtig ist allerdings auch: Die Dynamik der Globalisierung verringert sich (FB vom 14.10.2019). Besonders stark war sie nach dem Ende des Kalten Krieges in den neunziger Jahren. In den letzten zehn Jahren war die Steigerung nur noch flach. Aber das Ausmaß der weltweiten Vernetzung nimmt immer noch zu.

Das zeigt auch der Globalisierungsindex des Wirtschaftsforschungsinstituts KOF, das zur ETH Zürich gehört. Der Index beachtet nicht nur die harten wirtschaftlichen Faktoren wie Welthandel und ausländische Direktinvestitionen. Er schaut auch auf gesellschaftliche Faktoren wie kulturelle Globalisierung (Handel mit kulturellen Gütern, Zahl der McDonalds-Restaurants, usw.) oder personelle Globalisierung (Internationale Anrufe, Einkommenstransfers, internationaler Tourismus, etc.)

Internationale Lieferketten zurückzuverlagern ist zu teuer

Die internationalen Lieferketten im großen Stil zurückzuverlagern ist schlicht zu teuer. Würde die EU ihren Handel mit China beenden, würde sie das zwischen 0,8% und 1% ihres BIP jährlich Kosten, das sind zwischen 130 Mrd. und 170 Mrd. Euro. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung des IfW. Dasselbe gilt für einzelne Unternehmen. Der Zulieferer aus Polen verlangt (derzeit noch) höhere Preise als der aus China; daher kommt es nicht zum Wechsel. Wie mit Lieferrisiken besser umgegangen werden kann, macht Toyota vor: Für kritische Bauteile wie Elektronikchips hat der Autoriese Lagerbestände aufgebaut und kam bisher ohne Produktionsstopps durch die Chipkrise.

Die o.g. ifo-Studie ergab auch, dass eine Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland oder ins nahe gelegene Ausland zu hohen Wohlstandsverlusten führen würde. „Bei einer Rückverlagerung könnte die reale Wirtschaftsleistung Deutschlands um fast 10% zurückgehen“, sagt Autorin Flach. Gleiches gilt für die Rückverlagerung der Produktion zu europäischen Nachbarn. In diesem Fall würde die deutsche Wirtschaftsleistung um 4,2% sinken.

Kein Ende der Globalisierung durch Klimapolitik

Auch die Klimapolitik wird die Globalisierung nicht beenden. Die Kosten des Containertransports machen nur einen kleinen Teil der Produktkosten aus. Kommen CO2-Kosten für den Transport hinzu, bedeutet das eine realtiv geringe Verteuerung der im Ausland hergestellten Produkte. Das wird nur in sehr wenigen Fällen zu Produktionsverlagerungen führen. Die geplante CO2-Grenzabgabe der EU könnte die Importe von emissionsintensiven Produkten wie Stahl verringern, wenn sie die CO2-Zölle zu hoch ansetzt. Aber die davon betroffenen Importe nach Europa haben keine so große Bedeutung mehr, um den internationalen Handel merklich zu beeinträchtigen.

Eher werden Produktindividualisierung und 3D-Druck die Herstellungsabläufe und damit auch Lieferketten beeinflussen. Wie weit dies am Ende auch die Vernetzung der Produktion beeinflusst, lässt sich derzeit noch nicht sagen.

Fazit: Die Globalisierung hat sich in den letzten Jahren verlangsamt und wird in einigen Bereichen rückabgewickelt. Aber ein Ende der internationalen Vernetzung ist nicht in Sicht.

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