Grünes Berlin, blaues Brandenburg
Jetzt wissen wir, warum die Fusion von Berlin und Brandenburg nicht geklappt hat: Beide Länder passen mental nicht zueinander. Und das gilt heute vielleicht noch mehr als vor 20 Jahren. Knapp zweieinhalb Monate vor der Landtagswahl liegt die Brandenburger AfD mit 21% erstmals als stärkste Kraft in den Umfragen vorne. In Berlin sind es die Grünen mit 27,8%.
Die Analysen von West-Journalisten warten stets mit demselben Stereotyp auf. Im Osten wählen die Abgehängten die AfD. Und im Westen setzt sich der moderne Mainstream durch. Dabei gleichen sich Berlin und Brandenburg in ihren Einwohnerstrukturen erstaunlich stark. In Berlin gibt es sogar weit mehr „Abgehängte".
Im Osten gibt es ein feines Sensorium für Bevormundung
Meine Analyse fällt anders aus. Ich bin selbst ein „Wessi" aus dem Ruhrgebiet. Anfangs habe auch ich mit „dem Osten" gefremdelt. Aber ich habe eins verstanden: Die Menschen dort haben sich ein feines Sensorium bewahrt, wenn Dinge nicht stimmen.
Der Ossi „hasst" vor allem eins: Bevormundung. Und die kriegt er immer mehr serviert. Was er wählen soll und was nicht, was er gut und richtig finden soll und was nicht, welche Auffassungen er neuerdings vertreten soll und welche er nicht mehr vertreten darf, weil der gesellschaftliche Mainstream das halt jetzt so sieht. Was er laut sagen darf und was nicht, jedenfalls nicht, wenn er nicht angefeindet werden und mit einem Shitstorm überfahren werden will.
Kurz: grüner Missionar trifft auf blauen Freigeist. Dazwischen: wenig Unterschiede. In den grünen Wählervierteln Berlins sitzen die Bevormunder. Sie habe die richtigen Auffassungen gepachtet. Sie sind diejenigen, die ansagen, was man denken soll und was nicht. Dem Ossi stinkt das. Und vor allem auch deshalb wählt er oft AfD. Grün nimmt sich jede erdenkliche Freiheit – und sagt an, wo Freiheit endet. Das ist der Unterschied zwischen West und Ost.
Herzlich grüßt Sie
Ihr