Insolvenzrisiken bei Lieferanten erkennen
Sind Sie auf Insolvenzen in Ihrer Lieferantenbasis vorbereitet? Selbst wenn nur ein kleines (auch unbekanntes) Teilchen aus der Lieferkette bricht, könnte das für Ihre Geschäfte gravierende Auswirkungen haben. Darum gilt: Beugen Sie vor. Wir geben Ihnen Tipps.
Generell müssen Sie sich mit dem Wesen von Insolvenzverfahren vertraut machen. Rechtsquelle ist vor allem die Insolvenzordnung (InsO). Vorläufige Insolvenzverfahren dauern im Durchschnitt über 2 Jahre; die Phase der Eröffnung kann sich nochmal leicht über 4 Jahre erstrecken. Es schließen sich Sanierung, Übertragung, Liquidation an. Aufgrund dieser langen Dauer lohnt es sich für Unternehmen, sich aktiv um Transparenz zu kümmern. Analysieren Sie: Wer könnte ausfallen? Wie sichern Sie Investitionen sowie Werkzeuge und Materialien, die sich beim betroffenen Lieferanten befinden?
Kritische Anzeichen
Eine Insolvenz deutet sich meist im Vorfeld an. Darum muss Ihr Risikomanagement den Part "Identifikation von Lieferantenausfallrisiken" unbedingt abdecken. Ein professionelles Monitoring schaffen Sie nur mit elektronischen Tools, die möglichst viele Quellen auf Verdächtiges hin scannen können. Die jeweilige Kritikalität und entsprechende Gegenmaßnahmen müssen Sie dann bewerten. Hinweise sind z.B.: kritische Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), niedrige Eigenkapitalquote und geringer Cashflow, Überschuldung, verfehlte Planzahlen, verspätete Lieferungen, späte Lohn-/Gehaltszahlungen, häufige Wechsel/Fluktuation (Geschäftsleitung, Manager; wichtig: Finanzchef, Controlling), hoher Krankenstand, Wegbrechen wichtiger Kunden, Fehlinvestitionen (auch an Auslandsstandorten) etc.
Maßnahmen
Wenn Sie darüber Transparenz gewonnen haben, müssen sich Maßnahmen anschließen: zur Risikovermeidung (wie Lieferantenwechsel), Risikoüberwälzung (wie Abschluss einer Versicherung gegen Produktionsausfälle), Risikominderung (wie Aufbau einer Second Source; Alternativen aufzutun und zu entwickeln dauert), Risikoübernahme (wie Aufbau von Beständen).
Management
Machen Sie Ihre Organisation im Vorfeld fit für alle Fälle. Dazu gehören eine Prozessbeschreibung, Wenn-Dann-Checklisten, Financial Quick Scans, Definition einzubindender Personen und deren Aufgaben, Benennung einer Task Force, Identifikation möglicher betroffener Teile/Zulieferungen/Leistungen etc., Vorauswahl alternativer Lieferanten/Quellen, Sicherung von Materialien, Platzierung von Forderungen und Haftungsansprüchen. Analysieren Sie auch: Kann die Vorfinanzierung von Materialien und Dienstleistungen helfen? Wann lohnt es sich, insolvenzgefährdete Lieferanten zu fördern (oder gar zu übernehmen)?
Einkaufsexperte Elmar Holschbach weist darauf hin, dass eine Bonitätsprüfung nicht nur einmalig bei Auftragsvergabe oder in langen jährlichen Zyklen erfolgen sollte. Um Veränderungen zeitnah zu erkennen, sei eine Anbindungen an das im Unternehmen existierende ERP-System notwendig.
Verträge wasserdicht machen
Setzen Sie eindeutige vertragliche Konstrukte für diverse Fälle auf. Dabei ist auch ist das Verfahren im Insolvenzfall zu berücksichtigen (etwa Sonderkündigungsrecht, Werkzeugnutzung oder -eigentum). Gehen Sie davon aus, dass Ihre Einkäufer dieses komplexe Thema nicht umfänglich im Blick haben. Sie müssen gemeinsam mit Ihren wichtigsten Managern die Abhängigkeiten von Schlüsselkunden und Geschäftsfeldern analysieren und schon im Bedrohungsfall adäquat reagieren können.
Fazit: Unternehmen sollten Insolvenzrisiken in ihrer Lieferkette stets im Blick haben und laufend kontrollieren. Wer frühzeitig handelt, kann Gefährdungen des eigenen Unternehmens vermeiden. In der ausführlichen Online-Version des Beitrags lesen Sie noch weitere konkrete Ratschläge.
Hinweis: Im Ratgeber „Management von Lieferanteninsolvenzen“ von Springer Nature (64 S.) lesen Sie noch mehr: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-32316-5
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