Japan setzt auf Ammoniak
Das Wettrennen um die Energieform(en) der Zukunft nimmt Fahrt auf. Und Japan positioniert sich dabei dezidiert anders als Europa und insbesondere Deutschland. Die Regierung in Tokio will Ammoniak zum Durchbruch verhelfen. Das japanische Wirtschaftsministerium (METI) hat dazu Ende Oktober eine eigene Vereinigung gegründet. Zeitgleich hat der neue Ministerpräsident des Landes, Yoshihide Suga, angekündigt, dass Japan bis zum Jahre 2050 emissionsfrei werden soll. Der große Reiz von Ammoniak liegt in der besonders hohen Speicherdichte der Energie. Sie geht weit über das hinaus, was verflüssigtes Erdgas (LNG) bietet.
In der neuen japanischen Ammoniak-Vereinigung sind vier staatliche Stellen und zehn Repräsentanten der Wirtschaft vertreten. Dazu gehören vier japanische Firmen, die schon länger mit der Entwicklung von Ammoniak-Energiesystemen beschäftigt sind. Es handelt sich um die große Reederei NYK Line, die vor allem an Ammoniak als Schiffstreibstoff interessiert ist, den bedeutenden Anlagenbauer IHI, das Energieversorgungsunternehmen Jera und das Energie-Entwicklungsunternehmen JGC. Ryo Minami, Generaldirektor des METI für Nationale Resourcen und Energie, kommentierte die Einrichtung der Vereinigung mit klaren Worten: Sie sei "eine gute Möglichkeit, Japan bei Ammoniak eine internationale Führungsrolle zu verschaffen", schreibt unser Korrepondent.
Einsatz in Kraftwerken
Kurzfristig wollen die Japaner Ammoniak zusammen mit Erdgas in Kraftwerken verbrennen. Dabei ist anfänglich an eine Quote von 20% Ammoniak gedacht. Gerechnet für alle japanischen Gaskraftwerke erforderte das jährlich rund 20 Mio. t Ammoniak. Deren Beschaffung muss langfristig sichergestellt werden. Keine einfache Sache: Denn die Menge entspricht ungefähr dem bisherigen jährlichen Ammoniak-Verbrauch der gesamten Welt. Längerfristig bietet sich die Verwendung von Ammoniak zusammen mit Steinkohle in Kohlekraftwerken an.
Um die Stromerzeugung emissionslos zu machen, muss das Ammoniak vor allem aus Australien nach Japan verschifft werden. Das soll die Reederei NYK Line übernehmen. Deren derzeitige Flotte hält 56 normale Tanker und 78 LNG-Transportschiffe bereit. Das japanische Handelshaus Itochu plant wiederumein schwimmendes Ammoniak-Lager. Standort könnte Singapur sein. Die niederländische Gesellschaft Vopak, die große konventionelle Tanklager für die Schifffahrt betreibt, untersucht die Möglichkeiten für den Aufbau einer Ammoniak-Infrastruktur in einem großen Hafen.
Produktion in Australien
Produziert werden soll das Ammoniak vor allem in Australien. Dort trifft ein so genannte H2U Eyre Peninsula Gate schon die Vorbereitungen. Mit einer 75 MW Elektrolyse soll dort soviel Wasserstoff produziert werden, dass sich damit 40.000 t Ammoniak im Jahr erzeugen lassen. Die südaustralische Regierung unterstützt den Hafenausbau finanziell. H2U soll sämtlichen benötigten Strom aus Windkraft und Solarzellen erhalten. In der ersten Stufe wird dann Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. In der zweiten Stufe wird danach Stickstoff hinzugegeben und auf diese Weise Ammoniak erzeugt. H2U sieht Japan als den großen Abnehmer für Ammoniak. Daher sind sowohl H2U als auch die südaustralische Regierung dem jungen japanischen Industrieverband Green Ammoniak Consortium beigetreten. In Australien gibt es zugleich mehrere andere Vorhaben, die die kostengünstige Produktion von Ammoniak – hauptsächlich für den Export – untersuchen.
Fazit: Die Länder fokussieren weltweit auf unterschiedliche Energiealternativen zu den fossilen. Das ist gut so. Japan hält das Technologierennen offen.
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