Kapitalkontrollen sollen verschärft werden
Russisches Justizministerium und die Notenbank arbeiten an einem neuen Gesetz, mit dem die Kapitalflucht aus Russland gebremst werden soll. Das berichten der Moskauer Regierung nahestehende russische Medien (RT, Russia Business Today). Kernpunkt: Ansprüche ausländischer Gläubiger sollen in Zukunft nicht mehr durch einen Geldtransfer auf Konten bei Instituten im Ausland befriedigt werden können. Stattdessen dürfen russische Schuldner nur noch auf Konten bei Instituten einzahlen, die der russischen Aufsicht unterliegen. Das läuft darauf hinaus, dass ausländische Gläubiger Zahlungen nur auf Konten bei russischen Banken erhalten und nur von dort aus darüber verfügen können.
Immer neue Kanäle für die illegalen Abflüsse
Anlass sind Berichte über illegale Transfers, bei denen ein ausländischer Partner eine Forderung fingiert, die von den Beteiligten als streitig dargestellt wird. Durch den Streit wird ein formelles Verfahren im Ausland angestoßen, welches zu einer gerichtlichen Zahlungsverfügung führt. Damit sind bisher Transfers jederzeit möglich. Mit dem neuen Verfahren – wenn es denn so kommt – würden auch die ausländischen Geldempfänger unter die Kontrolle der russischen Behörden gestellt.
Hintergrund sind die unverändert hohen Abflüsse aus Russland. Kürzlich von der Notenbank CBR veröffentlichten Daten zufolge ist der Saldo der ein- und ausgehenden Direktinvestitionen Russlands 2020 auf 1,4 Mrd. Dollar auf einen Tiefststand gefallen. Für das Vorjahr weist die CBR netto 29 Mrd. Dollar Direktinvestitionen aus. Allerdings sind diese Zahlen mit Vorsicht zu betrachten: Die Statistik der UNCTAD weist für 2019 Nettozuflüsse nach Russland von nur rund 9,5 Mrd. US-Dollar aus. Der Bestandsvergleich 2010 mit 2019 zeigt, dass in dieser Zeit rund 50 Mrd Dollar netto abgeflossen sein müssen.
Russische Mittel werden als ausländische Direktinvestitionen getarnt
Die Zurechnung der Flüsse ist in Russland allerdings schwierig. Denn gerade wirtschaftlich erfolgreiche Bürger bunkern große Teile ihrer Vermögen im Ausland in Holdings oder Fonds. Sie entziehen die Mittel damit dem Zugriff der russischen Behörden. Aus diesen Auslandsstützpunkten heraus wird dann ein beachtlicher Teil der Investitionen in Russland finanziert. Sie sind dann geschützt durch das Etikett „ausländische Direktinvestition“. Einer IWF-Schätzung zufolge entsprechen etwa 60% aller Auslandsinvestitionen in Russland diesem Muster. Das Verfahren erklärt auch, warum das EU-Land Zypern eine der wichtigsten Quellen für Direktinvestitionen in Russland ist.
Fazit: Die neuen Beschränkungen werden Russlands Wachstum zusätzlich behindern. Denn Russland hat trotz der Kapitalflucht kein Finanzierungsproblem. Das zeigt der Leistungsbilanzüberschuss. Es fehlt an ausländischen Partnern, die moderne Technologien und Verfahrensweisen nach Russland bringen. Die werden so erst recht abgeschreckt.