Konjunktur auf Top im nächsten Jahr
Die Konjunktur schleift im Herbst 2021 – vor allem in Deutschland, aber auch in den USA. Die Wirtschaft gibt ordentlich Gas, doch die Handbremse ist noch angezogen. Das Problem: die Industrie-Produktion. Da sind die Bremsscheiben festgefressen. Sie lassen sich nicht so leicht lockern. Bis weit ins nächste Jahr gibt es in diesem Sektor ordentlich Abrieb. Im Einzelnen:
Die Prognosen für dieses Jahr werden für Deutschland gerade reihenweise nach unten getaxt. Der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor ist den zweiten Monat in Folge gesunken, von 59,0 auf 56,3. Der Index für das verarbeitende Gewerbe gab ebenfalls um 2,7 Punkte auf 58,7 nach. Dennoch sollte das nicht allzu sehr beunruhigen. Die Nachfrage ist da. Sie kann nur nicht richtig bedient werden. Vor allem Autos sind betroffen.
Abgesenkt und angehoben
Folglich hat Ifo hat die erwartete Wachstumsrate im Vergleich zur Sommerprognose um 0,8 Prozentpunkte zwar auf +2,5% gesenkt. Dafür hat das Münchner Forschungsinstitute die Rate fürs kommende Jahr um 0,8 Prozentpunkte auf satte +5,1% angehoben. Berenberg liegt für 2022 bei 5,0%. Die OECD hat das deutsche Wachstum gegenüber Mai um 0,4 Punkte gesenkt und erwartet jetzt noch ein Plus von 2,9%. Dafür +4,6% (+0,2 PP) im nächsten Jahr. Das IfW geht für dieses Jahr sogar auf +2,4% herunter. Die Kieler sehen dafür +4,8% im kommenden Jahr.
Boom-Branchen bleiben Information und Kommunikation, Immobilienwesen, Unternehmensdienstleister. Eher düster sieht ifo die Aussichten im Banken und Versicherungsbereich. Auch der Boom beim Bau lässt nach.
Euroraum stark
Für den Euroraum insgesamt erwartet die OECD ein deutlich höheres Plus als noch im Frühjahr: +5,3% (statt +4,3%) und +4,6% im nächsten Jahr (+0,2%). Die international aufgestellte Genfer Privatbank Pictet geht von 5,0% in diesem und +4,5% im nächsten Jahr aus.
Zunächst: Die Auftragseingänge boomen. Der deutsche Maschinenbau feiert volle Auftragsbücher. Der Konsum brummt.
Wermutstropfen: Corona, China
Doch es gibt mehr als einen Wermutstropfen. Lieferengpässe bei industriellen Vorprodukten; Corona-Ängste in China führen immer wieder zu Hafen Sperrungen, Seeschiffe und Ladungen hängen fest.
Das berührt das Weihnachtsgeschäft. Hier könnte es ebenfalls, gerade bei der gefragten Elektronik, zu Lieferengpässen kommen. Das wird die Preise treiben.
Im Handel läuft es noch nicht rund
Weitere Folge: Die Exporte wurden und werden gebremst. Die Unternehmen investieren weniger als erhofft.
Der Stationäre Einzelhandel kann immer noch nicht so wie er möchte. Die nervigen Corona-Regeln hemmen das Einkaufs Erlebnis immer noch. Das gleiche gilt für „kontaktintensive Dienstleistungen“ (Friseur, Massage, Gaststätten etc.)
Arbeitsmarkt aufwärts
Unschön ist: Was weg ist, ist weg. Die Verbraucher bleiben auch die tragende Säule der Erholung bis weit ins nächste Jahr. Dennoch sollten niemand Luftschlösser bauen. Ein weiterer starker Anstieg ist nicht zu erwarten Doch die hohe Ersparnis, die sich angesammelt hat, wird nicht voll in die Bereiche fließen, an denen notgedrungen gespart wurde. Frisör- und Gastronomiebesuche, Kultur-Veranstaltungen können kaum nachgeholt werden. Andere Waren wurden meist online bestellt – der Nachholbedarf ist eher gering. Ifo schätzt, dass der private Konsum 2022 je Quartal um rund 0,6% zulegt. Der Staat dagegen wird eher bremsen.
Aber: Der Arbeitsmarkt bessert sich weiter. 2023 soll die Beschäftigung wieder das Niveau von 2019 erreichen. Die Unternehmensinsolvenzen nach Corona halten sich in Grenzen.
Gegenwind aus dem Osten
Die Inflation wird allgemein als vorübergehendes Phänomen angesehen. Auch wenn hier die bis vor wenigen Wochen noch festen Überzeugungen (Basiseffekt) wackeln – selbst in der EZB.
Gegenwind kommt aus dem Osten. Chinas Wachstum wird sich verlangsamen: 8,5% in diesem, 5,3% im nächsten und 5,0% im übernächstem Jahr. Zahlen, bei denen wir mitgehen. Die OECD glaubt sogar noch an 5,8% in 2022. . Wie stark, lässt sich schwer orakeln. Das Evergrande-Risiko wird Peking verpacken. Aber für den deutschen Export trüben sich die Aussichten ein.
Coronasorgen: Wir teilen sie nicht
Weniger Sorgen als viele Auguren machen wir uns um das Pandemiegeschehen. Die Befürchtungen trüben auch die Stimmung. Der Geschäftsklimaindex war bis August im anhaltenden Sinkflug. Dennoch: Mit einem weiteren Shutdown rechnen wir nicht. Eine 4. Welle mit hohen Zahlen an Intensivpatienten ist nicht zu sehen. Zudem wird die Gesellschaft und Wirtschaft zunehmend auf einen pragmatischen Umgang mit der Pandemie drängen.
Fazit: Fürs nächste Jahr genug Personal vorhalten, an Investitionen festhalten, vor allem weitere Digitalisierungsschritte vorantreiben und die Geschäftsmodelle gründlich durchdenken.