Lanxess-Preishammer: Ruhig mal widersprechen
Der Spezial-Chemiekonzern Lanxess erhöht die Preise für Hexandiol erneut – um satte 800 Euro pro Tonne. Die Begründung ist dürftig. Es geht um die eigene möglichst hohe Marge.
Hexandiol (1,6‑Hexandiol, HDO) ist ein begehrtes Produkt. HDO kommt als wichtiger Ausgangsstoff u.a. für hochwertige Beschichtungen, Fasern und Klebstoffe etwa in der Automobil-, Möbel- und Verpackungsindustrie zum Einsatz. BASF hatte bereits 2018 angekündigt, die weltweite Kapazität über eigene Anlagen in Ludwigshafen und Freeport (USA) ab 2021 jährlich um über 70.000 Tonnen HDO zu erhöhen. Die Marktsituation gibt es her: Wenige Wettbewerber und weltweit steigende Nachfrage, auch aus Asien, treiben den Preis.
Lanxess-Preishammer
Nachdem Lanxess (Köln) im Dezember 2020 den Tonnenpreis für HDO um 350 Euro angehoben hat, dreht man ab März 2021 nochmal an der Kostenschraube. 800 Euro mehr pro Tonne sind ein echter Hammer. Grund seien die gestiegenen Rohstoffpreise für Benzol, Energie, Logistik; man passe die Preise an, heißt es in Köln.
Gerechtfertigt? Wir haben gemeinsam mit den Kostenexperten der Essener GMVK Procurement Group nachgerechnet.
Rechnung aufgemacht
Der Preisanstieg bei Hexandiol im Dezember 2020 lässt sich noch sauber mit der Verteuerung des Ausgangsprodukts Benzol erklären. Unsere Rechnung führt angesichts der Verteuerung bei Benzol (520 EUR/t im Dezember gegenüber ca. 300 EUR/t im Jahresdurchschnitt) zu etwa 310 EUR/t. Lanxess hatte im Dezember um 350 EUR/t verteuert. Im März 2021 liegen wir beim Benzol bei 765 EUR/t. Das bedeutet aber nur eine Erhöhung um 340 EUR/t. Gefordert werden 800 EUR/t. Kurz: Lanxess nutzt das derzeitige Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage aus und nimmt Windfall-Profits in Höhe von ca. 500 EUR/t mit.
Zur Preisentwicklung beim Benzol hat ursächlich auch die Frostperiode im Februar beigetragen, die zu Drosselung, Stilllegung und Logistikproblemen geführt hat. Im Frühling wird Benzol "naturgemäß" wieder billiger; vermutlich wird dieser Effekt 1:1 weitergegeben. Aber: Die Marge hat sich bei Lanxess gegenüber 2020 wie beschrieben signifikant erhöht.
Widerspruch ist möglich
Lanxess hat Preise nur dort erhöhen können, wo es die Verträge zulassen. Daraus folgt generell: keine längeren Kontrakte abschließen und versuchen, formelbasiert zu verhandeln. In Sachen Hexiandiol gilt: Im 2. Quartal zunächst Spot kaufen und (trotz des geringen Anbieterwettbewerbs) nach Alternativen Ausschau halten. Wichtige Produzenten in der EU sind (neben Lanxess) z.B. BASF und Arpadis (Velen/Münsterland). Bei 500 EUR/t zusätzlicher Marge des Konkurrenten dürfte einer schwach werden ...
GMVK rät explizit auch zum Widerspruch, weil diese heftige Preiserhöhung die Rohstoffpreisentwicklung überzeichnet. Wenn Lanxess die Preise trotz gültiger Verträge erhöht, sollte die zugrunde liegende Kostenkalkulation mit den einzelnen Positionen offengelegt werden. Viele Preisentwicklungen lassen sich an den Rohstoffbörsen genau nachvollziehen, und das gilt auch für Benzol und Energie.
Fazit: Bei Preisentwicklungen in solchen Dimensionen sollten Sie generell hellhörig werden. Fordern Sie Transparenz.
Hinweis: Wenn Lanxess die Preise trotz gültiger Verträge erhöht, sollte die zugrunde liegende Kostenkalkulation mit den einzelnen Positionen offengelegt werden. Viele Preisentwicklungen lassen sich an den Rohstoffbörsen genau nachvollziehen, und das gilt auch für Benzol und Energie.