Lindner macht Opposition in der Regierung
Finanzminister Christian Lindner (FDP) ist derzeit im Alleingang unterwegs - und macht Oppositionspolitik in der Regierung. Anders können wir nicht einordnen, wie sich Linder derzeit positioniert. Besonders deutlich sichtbar wurde das auf dem Tag der Industrie vom BDI in Berlin.
Lindner hatte - in der Wahrnehmung von FUCHSBRIEFE - starke Auftritte, brachte klare Aussagen und hatte eine feste Position. Das hat vielen Anwesenden, voran aus Unternehmen, sehr gut gefallen. Fraglich ist nur, was von seiner Position übrig bleibt.
Bremsmanöver beim Verbrenner-Verbot geht schief
So hatte der Finanzminister auf der BDI-Veranstaltung mit der Aussage überrascht, dass er seine Zustimmung zu Verbrenner-Verbot in der EU nicht geben werde. Richtig klar wurde aber auf der Veranstaltung nicht, ob es Linderns Position, die des Finanzministeriums, die der FDP oder gar der Regierung ist.
Aus den Ministerien kommen dagegen klare Aussagen bei FUCHSBRIEFE an. Aus dem federführenden Ministerium heißt es: "Die Bundesregierung hat sich einstimmig mit allen Ressorts positioniert und den Vorschlag unterstützt." Zwar laufen nun erneut Abstimmungen bis 28. Juni. Eine neue Positionierung sei nicht zu erwarten. Sollte sich Lindner dennoch querstellen, hat die Regierung ein Problem. Eine Zustimmung in Brüssel ist ohne Eklat dann nicht denkbar. Wohl aber eine Enthaltung. Allerdings ändert das nichts am Ausgang, weil eine qualifizierte Mehrheit ausreicht.
Ambivalenz auch beim Fracking
Neben diesem Alleingang beim Verbrenner-Verbot ist Linder auch beim Thema Fracking einsam unterwegs. Um die Versorgung mit Erdgas in Deutschland zu sichern, dürfe es keine Tabus geben. Darum sei es auch notwendig, darüber nachzudenken, ob Fracking (und Atomkraft) in Deutschland genutzt werden sollten. Das Potenzial für Fracking ist zumindest vorhanden. Vor allem in Nordwestdeutschland liegen über 32 Milliarden Kubikmeter sicher oder wahrscheinlich fracking-fähiges Gas.
Die Technologie wird aber dennoch keine Chance haben, Unternehmen sollten nicht auf Geschäfte in dem Sektor spekulieren. Denn es würde mindestens drei bis fünf Jahre dauern, bis mit Fracking in Deutschland tatsächlich Gas gefördert werden könnte. In 8 bis 10 Jahren könnt man dann bis zu 10% des aktuellen Gasverbrauchs in Deutschland mit Fracking-Gas decken. Kurzfristig hilft die Technik somit nicht - und sie ist mit erheblichen Investitionen verbunden.
Klimaneutralität bis 2045
Das Zeitfenster für den Einsatz der Technik ist sehr klein. Denn bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. In diesen Rahmen passt die Fracking-Technologie nicht gut hinein. Es ist nicht sinnvoll, für einen Förderzeitraum von maximal 18 Jahren und für das geringe Gasersatz-Potenzial zu nutzen. Das Fracking-Gas müsste in dieser Zeit dann so teuer verkauft werden, dass die sich die Investitionen binnen weniger Jahre amortisieren - und noch Gewinn abwerfen.
Richtig ernst hat es Christian Lindner mit seinem Vorstoß in Richtung Fracking aber offenbar ohnehin nicht gemeint - oder er hat auch hier keine Rückendeckung aus seinem Hause für den Vorstoß. Auf Nachfrage von FUCHSBRIEFE heißt es aus dem Finanzministerium, Linder habe lediglich dafür plädiert, dass es "mit Blick auf die Kontrolle der steigenden Energiepreise keine Denktabus geben dürfe." Einzelne Aussagen wolle man nicht kommentieren.
Habecks Haus sagt Nein zum Fracking
Auch das Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) gibt der Technologie keine Chance. Aus dem Hause heißt es gegenüber FUCHS, das "konventionelle Fracking – auch angesichts langer (Genehmigungs-)Verfahren – kein geeigneter Weg und keine kurzfristige Lösung in der aktuellen Lage". Daher sei die Technologie wahrscheinlich auch für Investoren nicht sonderlich attraktiv. Gerade bei diesen Genehmigungsverfahren will Lindner wiederum "auf die Tube drücken".
Mit Blick auf die längere Nutzung der Atomkraft liegen die Grünen und die FDP ebenfalls absolut "über Kreuz". Während die Grünen die Laufzeitverlängerung ablehnen, will die FDP darüber nachdenken. Friedrich Merz (CDU) hat sie ebenfalls gefordert. Dem Vernehmen nach scheitert die Verlängerung der AKW-Laufzeiten zuerst aber an an technischen Problemen, erst danach am politischen Widerstand.