Lohn-Preis-Spirale bekommt Anschwung
Die Gewerkschaften werden in der nächsten Tarifrunde die Lohn-Preis-Spirale andrehen - und das sogar dann, wenn sie nicht einmal besonders forsch sind. Denn die Arbeitnehmervertreter werden ihre Zurückhaltung der vergangenen Jahre in den kommenden Tarifrunden aufgeben.
Reallohnverluste, so wie in den vergangenen Verhandlungsrunden, sind für die Gewerkschaften keine verhandelbare Option mehr. Sie werden 2022 ordentliche Tariferhöhung mit spürbaren Reallohnsteigerungen aushandeln wollen. Zur Orientierung: 2021 stiegen die Tariflöhne um 1,7% gegenüber dem Vorjahr. Bei einer Inflation knapp über drei Prozent im letzten Jahr bedeutet das Reallohnverluste von 1,4%.
In diesem Jahr wollen die Gewerkschaften den Inflationsausgleich
Der Inflationsausgleich ist das absolute Minimum, das die Gewerkschaften erreichen wollen. Sie werden sich dabei zwar voraussichtlich nicht an Inflationsspitzenwerten orientieren. Aber wenn sie den Mittelwert von geschätzt 4,4% im Jahr 2022 als Basis annehmen, kommen sie schon um eine Forderung von 5% nicht herum. Und dann hätten die Arbeitnehmervertreter noch nicht einmal Verhandlungsmasse.
Die größten Lohnrunden stehen in der Chemie- und Pharmaindustrie (465.000 Beschäftigte) und der Eisen- und Stahlindustrie (84.000 Beschäftigte) an. Im Vordergrund stehen für die Gewerkschaften argumentativ die steigenden Preise für die Beschäftigten und die wachsenden Gewinne der Unternehmen. Der neue Exportrekord des vorigen Jahres nimmt dem Arbeitgeber-Argument schwindender Wettbewerbsfähigkeit die Spitze. Und beide Seiten wissen um die demographische Entwicklung, die sich in einem jährlich wachsenden Arbeitskräftemangel bemerkbar macht.
Die Gewerkschaften sitzen am längeren Hebel
Aus Gewerkschaftskreisen hören wir heraus, dass die Lohn- und Gehaltsforderungen bei etwa 7% bis 9% liegen dürften. Ende Februar wird die IG BCE ihre Forderungen präzisieren, Ende April die IG Metall. Nach den Verhandlungen könnten Lohnerhöhungen um 5% herauskommen.
Die Lohnrunde dieses Jahres gibt der Lohn-Preis-Spirale damit einen Impuls. Das wirtschaftliche Umfeld wird folglich grundlegend verändert. Nachdem die Inflationsrate in den vergangenen zehn Jahren im Durchschnitt bei 1,2% p.a. lag, wird sie in den kommenden Jahren wieder stärker zunehmen. Wir können jedenfalls nicht erkennen, warum die Inflation schon bald wieder spürbar zurückkommen soll, wie von den Notenbanken prognostiziert.