Ablenkungsmanöver
Berichtet wird über das, was die Aufmerksamkeit der Massen bringt und – „dank“ unterbesetzter Redaktionen – möglichst wenig Recherchearbeit verursacht. Nicht zuletzt arbeiten sie geschickt mit dem Begriff Verschwörungstheorie, um unerwünschte Debatten schnell im Keim zu ersticken.
Ökologische versus finanzielle Nachhaltigkeit
Beispiel 1: die Nachhaltigkeitsfrage. Während die Klimapolitik täglich in den Schlagzeilen ist, schafft es die Finanzpolitik kaum noch auf die Titelseiten. Dabei hat beides eine gleichrangige Berechtigung. Schlussendlich geht es um die Frage, wie wir und vor allem unsere Kinder morgen leben werden und welche Lasten ihnen aufgebürdet werden. Die impliziten Staatsschulden, die Kosten für Gesundheit, Pflege, Bildung und Rente laufen in der EU aus dem Ruder.
Gewaltige Nachhaltigkeitslücke
Die Stiftung Marktwirtschaft hat vergangene Woche ihre Generationenbilanz aktualisiert. Sie kommt zu Ergebnissen, die akut mehr erschrecken müssen als die regelmäßig hochgejazzten Risiken, die in der CO2-Bilanz liegen. Die Staatsverschuldung ist während Corona explodiert. Die finanzielle Nachhaltigkeitslücke nach Corona beträgt das Vierfache unseres Bruttoinlandsprodukte (398,9%). „Berücksichtigt man die impliziten Schulden, ergibt sich ein erheblicher coronabedingter Anstieg von 179,6 Prozentpunkten“, so der Ökonom Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Vorstandsmitglied der Stiftung Marktwirtschaft, der regelmäßig die Generationenbilanz auf den neusten Stand bringt.
Dies steht in krassem Gegensatz zur offen ausgewiesenen Staatsschuld, ohne die Verpflichtungen im Sozialsystem, die mit lediglich 68,7% des BIP benannt wird. Doch niemand heftet sich deswegen an die Fassade des Finanzministeriums oder Kanzleramtes – er würde wohl auch nicht beachtet. Menschen, die sich in Weltuntergangsstimmung auf der Straße (und sonst wo) festkleben, bringen eben die interessanteren Bilder und – mehr Klicks. Hier kann der Staat zugleich erzählen, dass er ja schon viel unternimmt, um „das Klima zu retten“.
… demnächst finanziert aus Gemeinschaftsschulden
In der EU ist die Lage in vielen Ländern noch dramatischer. In der Slowakei, Rumänien, Luxemburg, tun sich gewaltige Nachhaltigkeitslücken vom bis zu Siebenfachen der jährlichen Wirtschaftsleistung dieser Länder auf. In Spanien, Frankreich, Finnland, den Niederlanden, Polen ist es das Zwei- bis Dreifache. Das Bundesverfassungsgericht hat zudem vergangene Woche das grundsätzliche Ok. gegeben, dass die EU ein neues Schuldenfass aufgemacht hat. Brüssel nimmt zur Finanzierung des „größten Konjunkturpakets aller Zeiten“, NextGenEU mit einem Volumen von 750 Mrd. Euro, eigene Kredite auf, die bis zum Jahr 2058 zurückgezahlt werden sollen.
In vielen Staaten der EU – voran Frankreich und Italien – wird das Programm ganz offen als Einstieg in weitere über gemeinsame Schulden finanzierte EU-Programme angesehen. So forderten EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni und Binnenmarktkommissar Thierry Breton erst im Oktober eine gemeinsame Kreditaufnahme zur Finanzierung der Energiekrise. Ein über gemeinsame Schulden finanzierter Marshallplan für die Ukraine steht im Raum.
Gewaltiges Umverteilungsprogramm in der EU
Faktisch handelt es sich dabei um gewaltige Umverteilungsprogramme in der EU. Denn die bisher einigermaßen solide finanzierten Staaten wie Deutschland stellen ihre Bonität der Gemeinschaft zur Verfügung. Über kurz oder lang werden selbstverständlich weitere nationale Finanzlasten Richtung EU verschoben werden und dort mit Gemeinschaftsschulden finanziert. Es muss mehr als erstaunen, dass das Verfassungsgericht – abgesehen von Verfassungsrichter Peter Müller – dies nicht sehen will. Aber ebenso, dass dies nur einen geringen Nachhall in der Öffentlichkeit findet.
Die grelle Inszenierung des Zugriffs auf die Reichsbürger
Beispiel 2: Umso greller geschildert wurde der bestens in Szene gesetzte Zugriff auf eine neue Bedrohung unserer Demokratie. Die „Reichsbürger“ sollen das Staatsgefüge erschüttern können. Wie groß, gewaltbereit und gefährlich diese Szene tatsächlich ist, lässt sich aus der dürren Berichterstattung kaum herausfinden. Im Grunde handelt es sich um einen Sammelbegriff für eine organisatorisch und ideologisch sehr heterogene Szene aus meist Einzelpersonen, seltener teilweise sektenartigen Klein- und Kleinstgruppen (so Wikipedia).
Die Masse an Text und Bildern, die zu dem Polizeimanöver produziert wurde, steht in krassem Gegensatz zum tatsächlichen Informationsgehalt. Es darf aber wohl angezweifelt werden, dass eine Vereinigung aus Rentnern und Vorruheständlern aus der gehobenen Mittelschicht zu einem gewaltbereiten Staatsstreich fähig ist. Niemand jedoch stellt öffentlich die Frage, wieso ein Teil dieser Mittelschicht überhaupt in solche Gefilde abdriftet.
… und der schnell im Regionalteil verschwundene Mord an einer Schülerin
Medial untergegangen ist gleichzeitig der brutale Mord an einer Schülerin bei Ulm, der mutmaßlich von einem geduldeten Zuwanderer aus Eritrea begangen wurde. Der „Vorfall“ landete ganz schnell wieder im Regionalen. Der Mangel an Aufmerksamkeit und Empathie aus der Politik ist geradezu erschütternd. Er steht auch hier in krassem Gegensatz zu dem, was ähnliche Vorfälle auslösen, wenn sie, wie beim Anschlag auf die jüdische Synagoge in Halle, von durchgeknallten „Rassisten und Antisemiten“ ausgeführt werden. „Allen Menschen steht das gleiche Recht auf Achtung und Würde zu“, sagte noch Ministerpräsident Rainer Haseloff bei der Gedenkveranstaltung an der Synagoge. Das ist nicht immer erkennbar.
Dabei war dies nicht der erste „Kollateralschaden“ der deutschen Grenzöffnungspolitik, die Kanzlerin Angela Merkel eingeleitet hatte und die unter der Ampelkoalition fortgesetzt wird. Und es wird auch nicht der letzte sein. Menschen kommen (erneut) ins Land, deren Identität und Hintergrund von niemandem überprüft wird. Doch wenn solche entsetzlichen Verbrechen von Zuwanderern verübt werden, reagieren die meisten Medien stets nach dem gleichen, staatlich gewünschten Muster: den Ball ganz flach halten.