Alles hat seinen Preis
Wieder Lockdown, diesmal hart. Wieder begeistern sich manche Kommentatoren geradezu am Stillstand. Unabdingbar sei das. Meine Frage war stets: Ist es verhältnismäßig? Wer sich das beantworten will, darf nicht moralisieren. Er muss versuchen, Maßstäbe zu finden. Bernd Raffelhüschen, Prof. an der Uni Freiburg, ist dies jüngst in einem Beitrag für „Wirtschaftliche Freiheit“ gelungen, wie ich meine.
Seine Rechnung: Ohne die Maßnahmen der Bundesregierung im Frühjahr wären deutlich mehr Tote durch Covid-19 zu verzeichnen gewesen. Wäre Deutschland vorgegangen wie Schweden, so hätten sich rechnerisch 80.000 zusätzliche Tote ergeben. 95% der Todesfälle waren älter als 60. Der durchschnittliche Verstorbene 81. Aufgrund der regelmäßig festzustellenden Vorerkrankungen hätte die verbleibende Lebenserwartung dieser Menschen 2,9 Jahre betragen. Unter Berücksichtigung der Vorerkrankungen sind das somit 178.431 Lebensjahre zusätzlich, die Berlin „gerettet“ hat. Wird der Effekt der Vorerkrankungen ausgeblendet, wären es sogar 556.624 Lebensjahre. Bis hierhin: einverstanden?
Zwei Rechnungen
Nun die Gegenrechnung: Der medizinisch-technische Fortschritt entsteht aus Wachstum. Er bringt den westlichen Industrienationen im Durchschnitt von Generation zu Generation mehr als fünf Jahre an Lebenserwartung. Allein der wirtschaftliche Corona-Schock bedeutet wiederum einen durchschnittlichen Verlust von 5 Monaten Lebenszeit. In der Summe sind dies 37 Mio. Lebensjahre. Senkt man den Verlust an Lebenserwartung auf nur zwei Wochen, kommt man immer noch auf 3,8 Mio. Jahre für die hiesige Bevölkerung.
Wir müssen also redlicherweise zwischen 3,8 bis 38 Mio. einer Summe von 178.431 bis 556.624 an Lebensjahren gegenüberstellen. Das mag jeden Moralisten auf die Palme treiben. Aber ich meine: Hätten wir unsere ökonomischen Ressourcen darauf konzentriert, die Gefährdeten in der Gesellschaft bestmöglich zu schützen, hätten wir Besseres erreicht.