Cui bono?
Luxemburg-Leaks kommt nicht von ungefähr. Es geht vor allem gegen den neuen EU-Kommissionspräsidenten Juncker.
Warum erst jetzt? Warum mit dieser Vehemenz? Und wem zum Nutzen? Diese drei Fragen stellen sich zuerst in der Aufreger-Debatte um das Geschäftsmodell Luxemburgs. Das Großherzogtum lebt seit Jahrzehnten von der Steuervermeidung reicher Privatpersonen und den Sonderregelungen für Konzerne. Eine lange bekannte Tatsache. In Wahrheit haut man den Sack und meint den Esel: den neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Juncker trug schon vor Beginn seiner Amtszeit drei Bürden: Er war bei einigen wichtigen Regierungschefs, voran Briten-Premier David Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel, nicht beliebt und nicht in seinem jetzigen Amt gewünscht. Seine Stellung war durch seine direkte Kandidatur vergleichsweise stark. Und er begann seine Amtszeit mit einer Strukturreform der Kommission (FB vom 1.10.), die eine effiziente Arbeit des Gremiums erlaubt. Sein Vorgänger als Kommissionspräsident, Manuel Barroso, war der Pudel der EU-Ratschefs. Die Regierungschefs hatten sich im Vertrag von Lissabon eine außerordentlich starke Stellung neben EU-Parlament und Kommission gesichert. Sie möchten diese nicht an Juncker abgeben. Was liegt da näher, als der „Qualitätspresse“ frühzeitig einen Hinweis auf „unerhörte Zustände“ im Großherzogtum zu geben, in dem Juncker so lange das Zepter führte? Ganz so gut bestellt ist die „Schatzkammer Luxemburg“ übrigens nicht. Das Ländchen mit der Einwohnerzahl Bremens hat mit 1.162% des BIP die höchste implizite Staatsschuld innerhalb der EU. Sie stammt aus sozialen Leistungsversprechen, die auch wesentlich in der Regierungszeit Junckers entstanden sind. Wie will der Staat diese ohne sein bisheriges Geschäftsmodell erfüllen? Cui bono? Im Raumschiff Brüssel beantwortet man die Frage so: Juncker wird nicht gehen müssen, aber er soll als geschwächter Präsident dem Rat nicht in die Quere kommen. Das dürfte die richtige Antwort auf diese Frage sein, meint Ihr Ralf Vielhaber.