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Standpunkt von Ralf Vielhaber zur nachlassenden Impfbereitschaft

Deutsche Impfmü(n)digkeit

FUCHSBRIEFE-Chefredakteur Ralf Vielhaber. © Foto: Verlag FUCHSBRIEFE
Deutschland diskutiert über Strafen für "Impfschwänzer". "Ein Unding", findet FUCHSBRIEFE-Chefredakteur Ralf Vielhaber. Die Impfzurückhaltung ist seiner Ansicht nach Ausweis einer mündigen Gesellschaft, in der Individuen ihren eigenen Verstand gebrauchen.

Deutschland ist impfmüde. Der Run auf den Piks hat nachgelassen. Mich wundert das nicht. Die 7-Tage-Inzidenz des RKI – die tägliche Corona-Sirene in den Medien – ist quasi verstummt. Die saisonale Entwicklung folgt ziemlich exakt dem Muster des Vorjahres – damals noch ohne Impfstoff! Die wirklich krankheits- und gar tödlich gefährdete „Population“ – immunschwache Menschen über 60 – ist durchgeimpft. Die Panikmache mit den angeblich überlasteten Intensivstationen – was nie stimmte – hat Vertrauen gekostet. Nun sagen das sogar der Rechnungshof und der Beirat des Gesundheitsministeriums (FUCHSBRIEFE berichteten bereits am 29.4.). Zudem: Wer sich die halbwegs unbeschwerte Urlaubsreise sichern wollte, hat das inzwischen getan.

Und auch das gehört zur Wahrheit: Der Impfschutz ist kein Garantiesiegel. Die Delta-Variante verbreitete sich dort am schnellsten, wo die Impfungen bereits besonders weit fortgeschritten waren: in Israel und Großbritannien. Ein großer Anteil der Delta-Todesopfer in Großbritannien und Israel war sogar doppelt geimpft.

Demokratie baut auf mündige Bürger

Demokratie baut auf mündige Bürger. Aufgeklärte Menschen. Leute, die Kants Prinzip folgen: „Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Das hat den mittelalterlichen Glauben an den Allwissenden droben im Himmel und seine Stellvertreter auf Erden abgelöst. Es hat an der Autorität der Kirche ebenso gerüttelt, wie an jener der „Götter in Weiß“, der Ärzte. Und das ist auch gut so.

Wissenschaftliche „Erkenntnisse“ sind so lange „gesichert“, bis es neue gibt. Das ist das Wesen von Wissenschaft. Das macht nicht alles beliebig. Aber es verbietet sich auch ein Absolutheitsanspruch auf Erkenntnis. Vorgeführt hat uns mündigen Bürgern das die höchste wissenschaftliche Autorität in Impfangelegenheiten, die Ständige Impfkommission, STIKO. Astra Zeneca am besten nur für die Jungen, dann Astra Zeneca nur für die Alten, Astra am besten Zeneca zweimal verabreicht nach 3 Monaten, jetzt am besten in Kombination mit Biontec nach 3 bis 6 Wochen. Und auch das muss noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. So schnell geht das eben mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Fehleinschätzungen muss jeder persönlich verantworten

Nur: Ein Fehler oder auch nur ein Fehlerchen beim Impfen lässt sich nicht rückgängig machen. Weder die Pharmakonzerne noch Ärzte oder „die Wissenschaft“ haften für Fehleinschätzungen. Das muss am Ende jeder auf seine Kappe nehmen. Tatsache ist und bleibt: Die (in Einzelfällen tödlichen) Nebenwirkungen der notwendigerweise nur über kurze Zeiträume getesteten Corona-Impfstoffe treten sehr viel häufiger auf als das sonst bei Impfstoffen der Fall ist.

Die Politik selbst nutzt die ungesicherten Erkenntnisse weidlich aus. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach pflegt sein Image als wandelnde Alarmtrommel, indem er die täglichen Warnmeldungen zur Deltavariante, die sich immer weiter ausbreite in Deutschland, wie eine Monstranz vor sicher trägt, um Einschränkungen zu predigen. Doch die Geschichte stimmt nur zur Hälfte: Zwar geht der Anteil von Delta an den Ansteckungszahlen prozentual nach oben. Umgekehrt proportional gehen die Ansteckungszahlen aber nach unten. Und großbritannien zeigt: Die Zahl der Infektionen entkoppelt sich dort von den Hospitalisierungen (Krankenhausaufenthalte wegen Sars-Cov).

Bei der Kinderimpfung ist die STIKO in der Politik nicht mehr das Maß der Dinge

Was bleibt, ist Alarmismus. Eine höhere Infektionsgefahr bedeutet noch nicht mehr Krankheitsfälle, geschweige denn mehr ernstliche Erkrankungen. (Die Erkenntnisse zu Delta sind hier mehr als ungesichert.)

Lauterbach hat auch kein Problem damit, die negativen Empfehlungen der STIKO zur Kinderimpfung in den Wind zu schlagen: „Ich teile die Position der STIKO zur Kinderimpfung nicht“, sagt er. Das ist sein gutes Recht, nicht nur als promovierter Mediziner, sondern als mündiger Bürger, der seinen Verstand nutzt. Meiner sagt mir hier etwas anderes.

Die Katastrophe im Bildungssystem hat falsche Politik angerichtet

Eine andere Sache ist es, mit persönlichen Erkenntnissen Politik zu machen. Und eine ganz andere, diese Politik für alle verbindlich machen zu wollen. Unverschämt ist es jedoch, wie Lauterbach, vor einem weiteren „Katastrophenschuljahr“ zu warnen und auf diese Weise Druck auszuüben. Die Katastrophe im Bildungssystem hat nicht Corona angerichtet, sondern falsche Politik! Hier zeige ich Herrn Lauterbach das demokratische Stoppschild: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Und „jeder hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit“. Auch der Verweis auf die Verantwortung für andere zieht nicht mehr: Das Risiko sich zu infizieren und vielleicht zu erkranken, tragen jetzt nur noch jene, die es freiwillig tragen wollen.

Damit nicht genug: Warum warnt die Politik vor Unvorsicht und lässt dann die Love Parade mit erwarteten 20.000 Teilnehmern am nächsten Wochenende (10.7.) durch Berlin ziehen? Weil es schon lange nicht um medizinische, sondern politische Erkenntnisse geht. Wer Wahlen gewinnen will, muss eben auf die Wünsche der Bürger eingehen. Die Zügel anziehen kann man hinterher wieder. Die Ausnahmegesetzgebung hat sich die Bundesregierung ja über den Wahltag hinaus gesichert.

Verantwortung trägt jeder zunächst für sich selbst

Mündige Bürger übernehmen Verantwortung, zuvorderst für sich selbst. Beim Impfen tun sie das in besonderem Maße. Jeder muss für sich entscheiden – entscheiden können –, ob er das Risiko einer Impfung höher einschätzt als das Risiko ernsthaft zu erkranken. Wie sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am 18. November 2020 im Deutschen Bundestag: „Ich gebe Ihnen mein Wort: Es wird in dieser Pandemie keine Impfpflicht geben.“

Keine direkte, hätte er hinzufügen sollen. Eine indirekte aber sehr wohl. „Für Ungeimpfte wird es wohl unbequemer“, titelte die FAZ am Wochenende. Und fügte beschönigend hinzu: „Die Länder suchen Wege, um die Zögerlichen zu überzeugen.“ Der eine Weg ist: den Nervfaktor wöchentlich erhöhen, den Menschen, die sich nicht fügen wollen, das Leben schwer machen. Der andere ist es, Goodies zu verteilen: Wer sich impft, darf einmal kostenlos in den Freizeitpark. Beides ist ein Unding.

Wir sollten also nicht von Impfmüdigkeit reden, sondern von Impfmündigkeit. Die Politik sollte keinen Druck ausüben. Wir wollen schließlich ein moderne, aufgeklärte, demokratische Gesellschaft sein. Oder nicht? Nachdenklich grüßt Sie Ihr Ralf Vielhaber

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