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Eine falsche Prämisse führt zu falscher Politik

Deutschland ist kein reiches Land

FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber. © Foto: Verlag
Ist Deutschland wirklich ein reiches Land? Der Glaube daran ist tief verwurzelt, aber die Realität zeichnet ein anderes Bild. Während wir großzügig an andere verteilen, rückt Deutschland international immer weiter nach hinten. Wie ein neuer Kurs das Land stärken könnte – mit weniger Wohltaten, mehr Leistung und klaren, zielgerichteten Reformen, hat FDP-Chef Lindner zu Papier gebracht. Seine Vorschläge sind alternativlos, meint FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber.
"Deutschland ist ein reiches Land.“ Dieser Satz hat sich in unseren Köpfen verfestigt, und Politik sowie Medien bedienen sich nahezu täglich dieses Topos. Für die Politik ist er Anlass für immer neue Wohltaten an vermeintlich Bedürftige im In- und Ausland. Deutschland hat im vergangenen Jahr insgesamt 0,79 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Unterstützung ärmerer Länder bereitgestellt (33,92 Milliarden Euro). Das Entwicklungsministerium ist stolz darauf, dass „zum fünften Mal das vereinbarte Ziel der Vereinten Nationen, mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen“, übertroffen wurde. Das wäre angemessen, wenn der Eingangssatz stimmen würde.

Mythos Wohlstand

Doch der Satz ist falsch. Und damit auch die Politik, die darauf basiert. Egal, in welche Statistik man schaut, sie sagen alle das Gleiche: Deutschland ist kein armes Land, aber auch kein reiches (mehr).

Fangen wir beim Vermögen an. Beim Durchschnittsvermögen pro Kopf liegen wir mit 264.789 USD weltweit auf Rang 17, ebenso beim Bruttogeldvermögen mit 95.030 USD. Vor uns liegen die Schweiz mit fast dem dreifachen Pro-Kopf-Vermögen (709.612 USD), Luxemburg, Hongkong, Südafrika, die USA, Australien, Dänemark, Neuseeland, Singapur, Norwegen, Kanada, Belgien, die Niederlande, Großbritannien, Frankreich, Schweden und Taiwan.

Das wachsende Vermögensgefälle

Auch beim Vermögenswachstum sehen wir nicht gut aus: Laut UBS Global Wealth Report 2024 haben wir beim Vermögen Federn gelassen. Seit 2008 hat sich beinahe die gesamte „reiche“ EU im weltweiten Vergleich mäßig bis schlecht entwickelt. In den Vereinigten Staaten wuchs das durchschnittliche Vermögen pro Erwachsenem um fast 2,5%. Das Vereinigte Königreich ist der einzige europäische Markt, der nahe an die 10%-Marke herankommt, weit vor dem kontinentalen Spitzenreiter Dänemark, dessen Vermögen um fast 6% zunahm.

In den letzten 20 Jahren trugen die Wertzuwächse der Kapital-Portfolios in den USA im Durchschnitt 62,4% zum jährlichen Wachstum bei; in Westeuropa liegt dieser Wert bei 34,2% (in Deutschland wird das langfristige Wachstum fast ausschließlich durch Ersparnisse getragen).

Ein Rückfall in internationalen Rankings

Im Jahr 2023 lag das BIP pro Kopf in Deutschland bei etwa 49.525 Euro. Deutschland belegte damit Platz 18 im internationalen Vergleich. Luxemburg führte die Liste mit einem BIP pro Kopf von rund 129.810 US-Dollar an, gefolgt von Irland mit etwa 103.466 US-Dollar.

Im Wettbewerbsranking des IMD (International Institute for Management Development) belegt Deutschland Rang 24 mit 72 von 100 möglichen Punkten. In Schulnoten wäre das ein „befriedigend“. Deutschland belegt Platz 22 im globalen Straßenqualitätsranking. Bei den Unternehmensinvestitionen liegen wir nur knapp über dem Index-Jahr 2015. Die USA haben seitdem um 40% zugelegt und Frankreich um knapp 30%. Im Ranking der wirtschaftlichen Freiheit sind wir auf Rang 16 zurückgefallen. Man könnte die Aufzählung fortführen und müsste dabei auf unser Zukunftskapital, die Kinder und ihre Bildung und Ausbildung, eingehen. Ergebnis: zu wenige, zu schlecht (aus)gebildet.

Über den eigenen Verhältnissen leben

Die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit führt dazu, dass wir ständig über unsere Verhältnisse leben. 48,4% des Bundeshaushalts fließen 2024 in Soziales, nur 10,5% in Investitionen. Zu viel Konsum, zu viele Wohltaten für alle und jeden, zu wenig (Spitzen-)Leistung und zu wenig Wettbewerbsorientierung. Stattdessen wird uns im Zuge der feministischen Außenpolitik von Annalena Baerbock ein Land wie Kenia als „beispielhaft“ und als Vorbild vorgehalten: „Kenia zeigt, was wir in Sachen Ambition und Tempo von anderen Staaten lernen können. Schon jetzt bezieht Kenia etwa 90 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen. Im Jahr 2030 soll der Anteil bei 100 Prozent liegen. Das ist beispielhaft“, sagte die Außenministerin vor einigen Monaten im Rahmen einer Konferenz in Berlin. Der Satz sorgte für Lacher, doch die Ministerin hat ihn ernst gemeint. Das beweist, was in manchen Köpfen falsch läuft.

Zwei Schritte zur Veränderung

Es gibt zwei sofortige Schritte, die notwendig sind: leistungslose Umverteilung beenden – so schwer das politisch vermittelbar ist. In Deutschland deuten die Daten im UBS Wealth Report darauf hin, dass das Vermögen der Erwachsenen in den unteren Einkommensschichten schneller gestiegen ist als das derer in den höheren Einkommensschichten. Das ist es, was die Mittelschicht merkt, die sich für den Wohlstand des Landes krummlegt. Ergo: Mehr Netto vom Brutto muss das Motto sein. 

Sozialleistungen im Inland und Spenden ins Ausland deutlich reduzieren auf das OECD-Durchschnittsniveau. Wettbewerbsorientierung hochfahren. Bildung (insbesondere in Naturwissenschaften) sowie Standortbedingungen wie Verkehrsinfrastruktur und Standortkosten müssen verbessert werden. Leistung muss sich lohnen – und: Wer im Rahmen seiner Möglichkeiten nichts leisten will, darf auch nicht viel von der Gesellschaft erwarten. Chancengleichheit ist gut, Gleichmacherei ist schlecht. Chancengleichheit bedeutet, dass jeder aufgefordert ist, seine Chancen wahrzunehmen. Auch das müssen wir wieder unterscheiden.

Ein Appell für mehr Vernunft

Christian Lindner (FDP) hat das erkannt und zu Papier gebracht. Was er schreibt, ist nicht nur vernünftig, es ist alternativlos: Soli abschaffen, Senkung der Körperschaftssteuer, mehr Wagniskapital, mehr Spitzenforschung, länger arbeiten, keine deutschen Sonderwege beim Klimaschutz mehr, Zurückfahren der Klimaschutz-Regulierungen etc. Wer das, wie die Grünen und die SPD, als „Nebelkerze“ bezeichnet, hat den Schuss nicht gehört, der inzwischen laut um den Globus hallt. Und wer immer neue Arbeitskreise gründet, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der weiß selbst nicht weiter.

Es wird Zeit, dass die Geduld, die Papiere haben, zu Ende ist und endlich wieder etwas in die richtige Richtung geht, meint Ihr Ralf Vielhaber
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