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Politik á la Monty Python

Die Ritter der Kokosnuss

FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber. © Foto: Verlag
Man sägt nicht am Ast, auf dem man sitzt. Diese Binsenweisheit ist in der Politik noch nicht angekommen. Wir haben in Deutschland genau das getan und sägen munter weiter. Wir sollten uns nicht vor Putin beugen. Aber vor der Realität, meint FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber.

Kennen Sie den Film von Monty Python „Die Ritter der Kokosnuss“? Es ist eine Satire auf die Sage von König Artus und die Ritter der Tafelrunde auf der Suche nach dem Heiligen Gral. Er kommt mir immer häufiger in den Sinn, wenn ich die deutsche (Energie-)politik beobachte. Eingearbeitet ist darin auch das Auseinanderdriften von Medienwirklichkeit und Realität.

Kurz zur Story: Eines Tages erhalten König Artus und sein Diener Patsy von Gott den Auftrag, den Heiligen Gral zu suchen, um ein Zeichen in diesen finsteren Zeiten zu setzen. Auf der Suche kommen so ziemlich alle Ritter der Tafelrunde um – heldenhaft dumm. Am Ende der Film-Satire entdecken König Artus und Sir Bedevere eine führerlose Fähre, die sie bis zu dem Schloss bringt, in dem der Gral aufbewahrt sein soll. Dieses ist jedoch von den Franzosen, den Erzfeinden der Engländer, besetzt. Die weigern sich, den Gral herauszugeben, und beschimpfen die Engländer wüst. Daraufhin ruft Artus ein großes Heer herbei, welches aus dem Nichts erscheint. Der Sturmangriff auf die Burg wird jedoch gestoppt, als die Polizei mit Autos auftaucht und die anwesenden Ritter der Tafelrunde verhaftet.

Wir deutschen Helden

Unser König Artus heißt bürgerlich Robert Habeck, Sir Lancelot – aufs Geschlecht kommt’s ja nicht mehr so an – Annalena Baerbock. Der heilige Gral, das ist die Rettung des Weltklimas oder wahlweise der Ukraine. Was den Engländern die Franzosen sind, sind uns die Russen. Die sind ohnehin noch dem politischen Früh-Mittelalter verhaftet. Unsere Waffen heißen Sanktionen, mit denen wir die russische Burg stürmen wollen. Und ich fürchte, dass wir deutschen Helden ähnlich enden wie Artus und seine Ritter.

Man soll nicht am Ast sägen, auf dem man sitzt. Wir tun das. Unsere Abhängigkeit von russischem Gas mag uns maßlos ärgern, unseren politischen Freunden nicht gefallen und wir bezahlen damit indirekt auch die Waffen, die Russland zum Überfall auf die Ukraine gebraucht. Gerade in dieser Situation braucht es einen kühlen Kopf. Doch wir lassen uns von unseren Emotionen mitreißen, ohne das Ende zu bedenken. Dem Privatmann ist das erlaubt, dem Politiker, der für das Wohl und Wehe der hiesigen Wirtschaft Verantwortung trägt, aber nicht.

Gas als "Waffe" – ist wirklich jemand überrascht?

Ich verstehe zwar, dass wir dem russischen Angriffskrieg etwas entgegensetzen wollen und müssen. Dennoch gehört zu kluger Politik auch, seine Kräfte und Möglichkeiten richtig einzuschätzen. Das sehe ich leider nicht. Dass der „lupenreine Demokrat“ Putin (Zitat Gerhard Schröder) das Gas, von dem wir alle abhängen, als „Waffe“ nutzen könnte, war klar. Dass er es tun würde, nicht unbedingt, war Moskau in dieser Hinsicht wenigstens bislang vertragstreu (und ist immer noch nicht offen vertragsbrüchig). Doch wie Habeck früh und laut herumzutönen, Deutschland wolle sich so schnell wie möglich komplett vom russischen Gas lösen und die fertige und gefüllte Pipeline Nordstream II in letzter Minute zu canceln, das war heldenhaft dumm. Es musste zu den Nadelstichen führen, die Putin jetzt führt.

Aber wir Helden reiten mutig ins nächste Abenteuer. Den kommenden Winter werden wir irgendwie überstehen. Mit Frieren, Wohlstandsverlust, immer mehr Subventionen und gebeutelten Finanzen. Wir verlieren unterwegs ein paar Ritter, aber macht nichts, das Opfer muss gebracht werden.

Was wird in Winter zwei, drei, vier?

Doch warum redet eigentlich niemand von Winter zwei und drei und vier? Wir können uns noch so sehr anstrengen, die desaströse Klimapolitik und Gas-Misere fallen uns immer wieder auf die Füße. Glaubt wirklich jemand, dass das „Wir“, das Kanzler Scholz unablässig beschwört, so lange durchhält? Dass die Unternehmen den Stillstand und die eigenen Verluste immer weiter erdulden? Dass die Bevölkerung ewig ruhig bleibt, wenn die Preise (wie ich es erwarte) weiter traben, Energie unerschwinglich wird, Mobilität eingeschränkt, und das Budget für Weihnachtsgeschenke an die kommunalen Energieunternehmen geht? Dass die Kapitalmärkte die Subventionslawine immer weiter akzeptieren, ohne Konsequenzen zu ziehen und auch die deutsche Bonität infrage zu stellen? Ich glaube es nicht.

Was also wird die Folge sein? In Habeck-Baerbockscher Manier werden die Sanktionen abgeräumt. Es kommt zur politischen 180°-Grad-Wende, in der Erwartung, dass man für diesen Pragmatismus wieder gefeiert wird. Doch was bleibt? Das Gefühl, eine Zeitlang zu den Helden gehört zu haben, mag viele befriedigen. Doch werden sich die Kosten dieser emotionsgeladenen Politik am Ende gelohnt haben? Ich denke nicht. Wir werden die hohe Rechnung noch lange abstottern, erwartet Ihr Ralf Vielhaber
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