Gedankenspiele
Zwei europäische Notenbankchefs fordern ein gemeinsames Finanzministerium. Doch ein solcher Schuss ins Blaue kann nach hinten losgehen.
Auch folgenlose Gedankenspiele haben eine Wirkung. Die Notenbankchefs Jens Weidmann und François Villeroy de Galhau schlagen ein gemeinsames Finanzministerium der Eurostaaten vor – ohne Chance auf Realisierung. Auch wenn dahinter eine Logik steckt: Die Regierungen versagen bei europäischen Gemeinschaftsaufgaben. Das schafft Probleme. Dies müsste durch stärkere EU-Kompetenzen korrigiert werden. Auf nationaler Ebene setzt sich aber der Eindruck durch, dass „die Brüsseler Bürokraten“ die Quelle allen Übels seien. Bestes Beispiel: David Cameron. Er verlangt jetzt eine „Reform“ der Freizügigkeit für Arbeitskräfte. Ursache: Die britische Regierung hatte – anders als die anderen EU-Partner – beim Beitritt der Osteuropäer auf begrenzende Übergangsregelungen verzichtet. Das lenkte den Arbeitskräftezustrom aus Osteuropa zunächst auf die Insel. Nun soll die EU „reformiert“ werden, um dieses Versäumnis zu reparieren.
Fazit: Die Vorschläge bleiben für die Realität folgenlos. Doch sie offenbaren, in welcher Sackgasse das institutionalisierte Europa steckt. Wenn es keine Lösungen mehr bietet, werden diese national gesucht.