Lasst Griechenland ziehen
Die Europäischen Führungsmächte wirken in der Griechenlandfrage hilflos. Doch Athen scheint sein Schicksal selbst in die Hand nehmen zu wollen. Nur zu. Ein Kommentar von Chefredakteur Ralf Vielhaber.
Es ist eine sehr schwere Entscheidung, vor der die EU und insbesondere Deutschland als dessen Führungsmacht in diesen Tagen stehen. Es geht darum, Griechenland um jeden Preis in der Währungszone zu halten oder in die Zahlungsunfähigkeit gleiten zu lassen und damit faktisch aus dem Euro zu befördern. Es sind geopolitische, finanzpolitische, sozialpolitische, juristische und allgemeinpolitische Folgen abzuwägen. Doch die Antwort ist klar: Ein Land, das erpresst, muss man ziehen lassen. Notfalls ins eigene Unglück. Europa behauptet von sich, eine kraftvolle Region zu sein. Dann muss es das Ausscheiden Griechenlands ökonomisch und politisch aushalten können. Es gibt haushaltspolitisch einen Common Sense in der Eurozone – den Griechenland torpediert. Athen ruft „Demokratie“, will aber nur die Mehrheitsentscheidungen der eigenen Bevölkerung akzeptieren. Das ist das eigentliche Problem, nicht ein weiterer Schuldenerlass, nicht weitere Hilfsgelder. Es ist wohlfeil, den Gläubigern zuzurufen, ihre Sanierungspolitik habe das Land in die Armut getrieben, ohne ihm auf die Beine zu helfen. Athen hat etliche, vielleicht die meisten Maßnahmen unterlaufen, die Therapie abgebrochen. Das Land ist seit Jahren süchtig nach Geld, das es selbst zu verdienen nicht in der Lage war und ist. Griechenland hat mit dieser Einstellung keine Zukunft in der Eurozone. Eine Fristverlängerung kann das nicht ändern. Ein Schock aber dürfte heilsam sein. Nicht nur für die augenblickliche griechische Regierung.
Fazit: Wir wissen, dass Brüssel, Berlin und Paris die Zahlungsunfähigkeit Athens unbedingt vermeiden wollen. Doch die Indizien nehmen zu, dass Griechenland selbst den Schritt in den Abgrund tun will, meint Ihr
Ralf Vielhaber