Lindners große Chance als Liberaler
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat ein milliardenschweres Luxus-Problem: Die Steuereinnahmen sprudeln wie verrückt - und das in einer Zeit, da die Hilferufe aufgrund anziehender Preise in Richtung Vater Staat immer zahlreicher und vehementer werden. Linder wird jetzt Abwehrmaßnahmen ergreifen müssen. Aber das ist auch seine Chance zu beweisen, dass die FDP auch in der Regierung noch markt-liberal "tickt" und ordnungspolitisch korrekt ist.
Bund, Länder und Kommunen haben im Januar so viel Geld eingenommen wie noch nie zu Beginn eines Jahres. Die Abwehr-Reaktion aus dem Bundesfinanzministerium kam prompt. Die Haushaltslage bleibt dennoch "äußerst angespannt". Auch der Verweis auf die negativen Steuer-Effekte im Corona-Januar 2021 fehlte nicht. Gleichwohl hat der Staat mit 57,6 Mrd. Euro im Januar so viele Steuern erlöst wie noch nie zuvor.
Angespannte Haushaltslage trotz sprudelnder Steuereinnahmen
Dennoch hat Finanzminister Lindner Recht. Die Haushaltslage bleibt äußerst angespannt. Insbesondere vor dem Hintergrund der absehbaren Zinswende der Europäischen Zentralbank trifft das zu. Die Renditen steigen bereits und es mag nach den ersten Leitzinsanhebungen noch eine Weile dauern, bis die Zinslast Deutschlands für neue Schuldenaufnahmen klettert. Der Kostenhebel ist jedoch gewaltig. Derzeit zahlt der Bund nur 4 Mrd. Euro Schuldzinsen. Das waren vor einigen Jahren noch 30 Mrd. Euro jährlich.
Darum gehören "alle Ausgaben auch weiter auf den Prüfstand", so Lindner. Doch was ist diese Aussage wert? Angesichts der steigenden Inflation und insbesondere Energiepreise hat der Finanzminister einen langen Forderungskatalog vor sich. Der Staat soll Energiepreise deckeln, Heizkostenzuschüsse geben. Lindner selbst hat eine Erhöhung der Pendlerpauschale angeregt. Eifrig wird um den Zuschnitt neuer Gruppen von Bedürftigen gerungen. Einiges davon wird kommen. Ausgabenkontrolle sieht anders aus.
Vater Staat sollte ehrlich mit seinen Kindern sein
Zugegeben, auch ich spüre die steigenden Energiepreise im Geldbeutel. Aber ich erwarte - und fordere - vor allem Ehrlichkeit von "Vater Staat" ein. Ein wohlmeinender Vater würde ehrlich sagen: "Fossile Energie und Mobilität sollen sogar noch teurer werden. Ich bin der Überzeugung, dass ihr sie nicht mehr nutzen sollt." Natürlich müsste er das Echo der Kinder auch aushalten.
Stattdessen agiert Vater Staat immer wieder wie ein Heuchler. Er steht nicht für seine Überzeugung ein und mutet seinen Kindern nichts zu, obwohl er angeblich von der Richtigkeit der Maßnahmen überzeugt ist. Er tut so, als ober er sie vor allen Widrigkeiten des Lebens beschützt und schadet ihnen dabei. Denn käme er zu der Erkenntnis, dass er auf einem Irrweg ist, wäre es für einen starken und selbstbewussten Vater möglich, das einzugestehen - und einen anderen Weg einzuschlagen. Diese Richtungs-Korrektur wird in der Ampel-Regierung nicht gelingen.
Ein neuer Griff in die Schatulle ist absehbar
Vater Staat wird auch diesmal wieder in die Schatulle greifen und versuchen, mit Geld die Schmerzen zu verringern. Er sollte dabei aber wenigstens keine neuen Subventionen schaffen. Allemal besser wäre es, die Energie-Steuern zu reduzieren. Das große Preis-Leiden empfinden die Bürger gerade bei den Energiepreisen. Und sowohl an der Zapfsäule, als auch beim Strom- und Gaseinkauf, bezahlen die Verbraucher einen hohen Steueranteil.
Energie-Steuern zu reduzieren, wäre zudem deutlich fairer als neue Bedürftigkeitsgruppen zu bedienen. Jeder Verbraucher, vom ärmsten angefangen, würde steuerlich gleichermaßen entlastet - und könnte, wenn nötig, die Belastungen marktkonform noch über den eigenen Verbrauch reduzieren. Es wäre sogar möglich, die Steuern zeitlich relativ flexibel neu zu justieren, also z.B. zunächst für 6 Monate zu reduzieren. So könnten sie an die Entwicklung der Energiepreise und die Haushaltslage angepasst werden.
Fazit: Wenn der Staat jetzt schon wegen der Inflation eingreift, dann bitte nicht mit neuen Subventionen im Markt, sondern mit (befristeten) Steuersenkungen auf Energie. Finanzminister Christian Linder hat jetzt die Chance zu beweisen, dass die FDP noch marktliberal und ordnungspolitisch korrekt ist. Ihr Stefan Ziermann