Scholz sollte die überfällige Kabinettsumbildung schnell durchziehen
Olaf Scholz (SPD) sollte das neue Jahr mit einem kleinen Paukenschlag beginnen: einer Kabinettsumbildung. Die Kandidaten sind klar: Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin ist mindestens in ihrer Außenwirkung nicht nur peinlich; sie hat mit ihrem Instagram-Silvesterauftritt das Amt beschädigt. Lambrecht hatte von Anfang an gezeigt, wie wenig Interesse sie an diesem Amt hat. Scholz hat den Fehler gemacht, sie mangels (weiblicher) Alternative dennoch zu berufen. Doch auch nach drei Bundesverteidigungsministerinnen – Ursula von der Leyen, Annegret Kramp-Karrenbauer und nun Christine Lambrecht – ist Krieg weiterhin ein schmutziges Geschäft geblieben und die Bundeswehr eine bemitleidenswerte Armee. Scholz hat also genügend Beinfreiheit, ohne Ansehen des Geschlechts die Neubesetzung vorzunehmen.
Karl Lauterbach ist ein Pandemieminister ohne Pandemie, der sich auch genauso aufführt: alles andere wird für ihn zur Nebensache. Krankenhausreform, Pflegenotstand, Ärztenotstand, Finanzierungsnotstand sind nach wie vor Themen von bedrückendem Ausmaß, die aber offenbar nicht Talkshow-tauglich genug sind, um von diesem Minister ernsthaft aufgegriffen zu werden.
Scholz hat genügend Handlungsfreiheit
Beide Ämter „gehören“ der SPD, deshalb kann Scholz hier ohne Rücksicht auf den Koalitionsfrieden handeln. Auf Nancy Faeser zu warten, die im Herbst möglicherweise Hessens neue Ministerpräsidentin werden will, ist weder notwendig noch sinnvoll. Eine Nachbesetzung lässt sich auch später noch einigermaßen geräuschlos umsetzen.
Ein oder mehrere Fragezeichnen lassen sich auch hinter andere Kabinettsmitglieder machen: Clara Geywitz (SPD) wirkt im Bauministerium überfordert; Svenja Schulze (SPD) fühlt sich im Entwicklungsministerium offenbar auf dem Abstellgleis und Verkehrs- und Digitalminister Volker Wissing weiß offenbar nicht, wo er anpacken muss, um aus dem digitalen Entwicklungsland Deutschland in absehbarer Zeit eine Führungsnation zu machen.
Nicht nur bei der SPD Auswechselbedarf
Wissing gehört der FDP an und fällt in die Obhut von Christian Lindner. Vielleicht motiviert Scholz mit einer überraschenden Initiative auch seine Koalitionspartner, Schwach- und Fehlbesetzungen auszusortieren. Die Grünen mussten Anne Spiegel wegen ihres unsäglichen Verhaltens in der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal (damals noch in Verantwortung im Land Rheinland-Pfalz) aus dem Verkehr ziehen und durch Lisa Paus ersetzen. Ob Robert Habeck als Wirtschaftsminister und Annalena Baerbock als Außenministerin – beide von den Grünen – auf den richtigen Positionen sind, darüber gibt es weit auseinandergehende Meinungen. Beide stehen aber nicht zur Debatte.
Ein Clou wäre sicher noch der Rausschmiss der Geschichtsklitterin Claudia Roth von den Grünen als Staatsministerin für Kultur und Medien. Hier offenbart sich neben allem parteipolitischem Taktieren noch ein neuer, selbst geschaffener Bremsklotz, Führung zu zeigen: Es sind vorwiegend Frauen unter den Austausch-Kandidaten. Das reduziert die ohnehin mageren Auswahlmöglichkeiten vor allem in der SPD auf beinahe null.
Die Zeit heilt alle Wunden (noch rechtzeitig)
Zwei SPD-Minister wegen offensichtlicher Unfähigkeit auszuwechseln, zahlt gewiss nicht auf die eigene Partei ein. Aber auf das Amt des Bundeskanzlers und die Person Scholz. Bei den anstehenden Landtagswahlen in Hessen und Bayern, auf die alle Parteien bereits schielen, könnte sich das sogar als Pluspunkt auszahlen. Parteiinterne Wunden können bis zum Sommer heilen.