Wieder nüchtern werden
Europa hat ohne partnerschaftliches Zusammengehen mit Russland keine Zukunft als geopolitischer und wirtschaftlicher Machtfaktor. Dafür reicht ein Blick auf die Landkarte, die Bodenschätze und die Demografie.
Die EU hat außenpolitisch keine gemeinsame Strategie. Deshalb folgt sie der US-amerikanischen. Diese verfolgt gerade mit Blick auf Russland eigene Ziele und Interessen, die sich von denen der Europäer unterscheiden.
Auch wenn zahlreiche, einst zum Warschauer Pakt gehörige Staaten unbedingt in die NATO wollten – nachvollziehbar ist, dass Russland deren Integration in das westliche Verteidigungsbündnis als Vertrauensbruch ansieht. Es widerspricht Zusagen der ehemaligen Außenminister Genscher und Baker gegenüber dem damaligen Sowjetpräsidenten Gorbatschow.
Die Krim gehörte historisch zu Russland, war schon immer russisch besiedelt. Sie kam 1954 durch einen diktatorischen Erlass Chruschtschows zur Ukraine – völkerrechtlich zumindest ein schwieriger Fall.
Der Westen hat es beim Eingreifen im Kosovo mit der Einhaltung des Völkerrechts selbst nicht genau genommen – das hat die eigene Glaubwürdigkeit international beschädigt.
Putins Handlungsmöglichkeiten im Ukraine-Konflikt sind begrenzt. Die öffentliche Meinung in Russland lässt ihm kaum Spielraum. Seine eigene Position ist keineswegs gesichert.
Ein anhaltender, über Sanktionen ausgetragener Konflikt treibt Moskau in die Arme Pekings. Auch das liegt nicht im europäischen Interesse.
Fazit: Europa hat sich mangels einer eigenständigen außenpolitischen Strategie in eine Situation treiben lassen, die die eigene Interessenlage gefährdet. Es gibt nur einen klugen Ausweg: Putin muss die Chance bekommen, nach innen als „Sieger“ im Streit mit dem Westen auftreten zu können, meint Ihr
Ralf Vielhaber (Chefredakteur Verlag FUCHSBRIEFE)