Nächste Flüchtlingswelle aus dem Gaza-Streifen
Menetekel der nächsten Flüchtlingskrise
Die Bundesregierung – und mit ihr die EU – ist augenscheinlich weitgehend unvorbereitet auf die nächste Flüchtlingswelle. Sie dürfte 2020 aus Palästina auf die Europäische Wertegemeinschaft zurollen. Dieser Ansicht ist Udo Steinbach. Er leitete von 1971 bis 1975 das Nahostreferat bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), ein Forschungsinstitut der Bundesregierung. Später war er Leiter der türkischen Redaktion der deutschen Welle und Direktor des deutschen Orient-Instituts. Er bereist die Region regelmäßig. Am Montag hat er bei der Maecenata Stiftung in Berlin vor kleinem Publikum diese Ansichten geäußert.
„Das Menetekel kam 2018 auf uns zu, als dort 180 demonstrierende Palästinenser erschossen worden sind", sagte Steinbach. Die Menschen hätten keine andere Wahl mehr als sich erschießen zu lassen. „Sie können dort nicht mehr leben." Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres und andere dazu Berufene hätten es wiederholt gesagt: Gaza sei 2020 unbewohnbar. Es handelt sich um 1,8 Mio. Menschen, für die der Westen Sorge tragen müsse. „Entweder die Krise wird gelöst. Oder wir erleben ein neues Desaster – im Nahen Osten und bei uns", so Steinbach.
Katastrophale humanitäre Lage Ursache für Gewalt und Flucht
Die katastrophale humanitäre Lage in Gaza ist nach Ansicht Steinbachs auch die wahre Ursache für die jüngst wieder aufgeflammten Kämpfe. Aus dem Gaza-Streifen wurden in den vergangenen Tagen hunderte Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert. Die israelische Armee reagierte mit Bombardements militärischer Ziele in dem Palästinensergebiet. Auf beiden Seiten gab es zahlreiche Tote und Verletzte.
Steinbach äußerte auch harsche Kritik an der wiedergewählten israelischen Führung. Entrechtung sei in Israel an der Tagesordnung. „Der jüdische Staat mit dem wir einst eine Allianz gesucht haben, ist ein anderer Staat geworden." Dies beträfe nicht nur die Regierung, auch die israelische Gesellschaft habe sich – nicht zum Positiven – verändert. Die einseitig proisraelische Politik von US-Präsident Donald Trump hat die Eskalation noch einmal begünstigt.
Fazit
Europa steht erneut weitgehend hilflos vor der Situation. Es gibt nach wie vor kein abgestimmtes Konzept, wie man mit dem eigenen „Hinterhof" auf Dauer umgehen soll.