Neue Gasleitung aus Israel vor Aus
Der Bau der längsten Tiefsee-Leitung der Welt für Gas steht zunehmend infrage. Sie soll von den israelischen Gasfeldern bis nach Europa reichen. Doch andere Projekte u.a. der Saudis und Vorbehalte der Amerikaner stehen dem Vorhaben wirtschaftlich und politisch im Wege.
Vor allem gibt es Kritik, dass die Türken nicht in die Gespräche eingebunden sind. Das im September unterzeichnete internationale Vertragswerk zum Gas Forum, der Erdgasorganisation für das Östliche Mittelmeer, wurde ohne Ankara ausgearbeitet.
EU ist involviert
Die Baukosten einer solchen Mega-Leitung werden auf 6,2 Mrd. Euro veranschlagt. Die Machbarkeitsstudie erarbeitet derzeit das griechische Unternehmen IGI Poseidon. Die Kosten dafür in Höhe von 70 Mio. Euro bezahlt die EU. Die Studie soll in zwei Jahren abgeschlossen sein. Würde der Bau der Leitung wider Erwarten beschlossen, läge die Bauzeit zwischen sechs und sieben Jahren.
Saudis wollen Landverbindung
Saudi-Arabien will jedoch eine landgebundene Leitungsverbindung nach Europa für den Gas- und Öltransport einrichten. Zudem wollen sie das eigene Ölleitungsnetz mit dem israelischen verknüpfen. Dazu gibt es bereits Gespräche mit dem israelischen Außenministerium. Zwischen Eilat in Israel am Golf bis nach Ashkelon am Mittelmeer gibt es bereits seit längerem eine Leitung.
Zwar macht das auf den ersten Blick wenig Sinn. Denn einmal sind da denkbare politischen Schwierigkeiten mit der Türkei. Zudem ist der Gastransport per Leitung teurer als der Transport mit großen Gastankschiffen.
Im Streit mit dem Iran
Doch Saudi Arabien steht in laufenden Auseinandersetzungen mit dem Iran (u.a Stellvertreterkrieg in Somalia). Somit fürchten die Saudis, dass der Golf, der Iran und Saudi Arabien trennt, über Nacht für die Schifffahrt unpassierbar gemacht werden könnte. Dann wäre der größte Teil der Gas- und Ölproduktion der Saudis schlagartig nicht mehr exportierbar. Und die Saudis sind nach wie vor auf diese Einnahmen angewiesen.
Kritische Stimmen zum Gas Forum kommen insbesondere aus den USA. Professor Brenda Shaker von der Georgetown Universität in Washington hält die Chancen für den Bau einer Gasleitung aus dem östlichen Mittelmeer bis nach Italien nur für äußerst gering. Shaker hat neben ihrer Professur noch ein höheres Amt in der amerikanischen Marine inne. Außenminister Heiko Mass spricht mit Blick auf die Türkei sogar von "einem Spiel mit dem Feuer. Der kleinste Funken könnte bereits zu einer Katastrophe führen”.
Fazit: Das Risiko eines solchen Vorhabens ist hoch. Es bestehen nur geringe Aussichten auf einen nennenswerten Gewinn aus dem Leitungsbetrieb. Auffällig ist auch das bisherige italienische Desinteresse. Die Italiener haben genügend Alternativen.
Hinweis: Trotz aller Spannungen nimmt im Nahen Osten die Bereitschaft zu Abkommen und Kooperation zu. Vor allem die Saudis als bedeutende Macht in der Region nähern sich Israel an. Behalten Sie daher den Blick auf die Region gerichtet. Hier wird es in den nächsten Jahren etliche Projekte mit hohem Auftragsvolumen geben.