Papierindustrie in Not
Der akute Papier-Mangel wird noch lange bestehen. Er strahlt bereits auf zahlreiche andere Industrien aus. Die wesentlichen Ursachen für die Unterversorgung des Marktes mit Papier (für Zeitungen, Zeitschriften, Bücher), aber auch für Prospekte und Umverpackungen liegen vor allem in China und den USA.
Beide Länder haben ihre Märkte seit einiger Zeit komplett abgeschottet. Sie verkaufen nichts mehr ins Ausland. Insbesondere die USA kaufen aber selber auf dem Weltmarkt zu. Auch der Holzpreis-Schock aus dem Sommer ist noch nicht abgearbeitet. Er steckt noch immer in den Preisen.
USA und China schotten ihre Märkte ab
Die Angebotsseite ist durch die Abschottung der USA und Chinas komplett aus dem Ruder gelaufen. Etliche Staaten von Asien bis Afrika, die Papier in China gekauft haben, suchen auf dem Weltmarkt händeringend nach neuen Lieferanten. Die finden sie in Europa.
Die Nachfrage der einst von China belieferten Märkte ist so groß, dass sich bei Papierherstellern und einigen Lieferanten hier eine „Friss-oder-Stirb“-Mentalität entwickelt hat. Teilweise werden die Preise im Zwei-Wochen-Takt erhöht. Diverse Papiersorten sind im Jahresvergleich bis zu 70% teurer geworden.
Einkäufer in Not
Viele Einkäufer fragen bei Lieferanten schon gar nicht mehr nach bestimmten Qualitäten. Sie fragen nur noch: „Habt ihr noch…?“ Oft lautet die Antwort dann aber „Nein!“ Und es gibt auch kaum Auskünfte, wann wieder Papier verfügbar ist. Die Lager der Lieferanten sind vielfach komplett leer. Wenige Häuser haben noch Ware. „Die Mengen liegen aber bei etwa 15% der üblichen Vorräte zu dieser Zeit.“
Gründe für die Unterversorgung sind auch in der Corona-Krise zu finden. In der wurde viel weniger Papier verbraucht (weniger Verpackungen, Flyer, Werbematerial). Das hat nun zur Folge, dass die in Deutschland gut ausgebaute und in den Kreislauf integrierte Recycling-Industrie seit Monaten nur geringen Nachschub an Altpapier bekommt. Das reduziert das Papierangebot ebenfalls deutlich. Das Problem ist so gravierend, dass einige Recycler ihre Anlagen nicht in vollem Betrieb laufen lassen, weil es sich nicht lohnt. Zudem kommen nicht immer die benötigten Papiersorten zum Recycling zurück.
Lieferanten kürzen zugesagte Mengen um 30%
Die Nachfrage aus anderen Märkten ist so groß, dass Hersteller und Lieferanten etlichen Großabnehmern bereits für 2023 zugesagte Mengen kürzen. Reduktionen um 30% sind dabei keine Seltenheit. Auch Vertragsstrafen stören sie dabei nicht. Die Preisaufschläge für neues Geschäft überkompensieren diese locker, hören wir. „Das Geschäftsgebaren ist unter aller Sau“, heißt es gegenüber FUCHS unverblümt.
Betroffen davon sind z. B. Buchdruckereien, die tonnenweise Papier benötigen. Aber auch Einzelhändler, die wöchentliche Werbeprospekte drucken, leiden unter dem Mangel und schrumpfen darum gerade deutlich sichtbar ihre Druckformate zusammen.
Steigende Energie- und Rohstoffpreise verschärfen die Situation in diversen Branchen
Neben dem aus dem Gleichgewicht geratenen Angebot und Nachfrage gibt es noch weitere dauerhafte Preistreiber. So wird Papier auch deswegen deutlich teurer, weil viele Hersteller inzwischen einen Energiekostenzuschlag von bis zu 15 Euro pro 100 kg verlangen. Der ist wegen steigender Strom- und CO2-Preise nötig. Großbestellungen im Tonnen-Bereich werden signifikant teurer.
Druckereien wiederum leiden zusätzlich spürbar unter den steigenden Alu-Preisen. Die verteuern die Herstellung von Druckplatten massiv. Auch das wird bei den Endprodukten – wie Büchern, Broschüren, Zeitungen usw. – bald noch deutlicher sichtbar werden. Auch Farben sind erheblich teurer geworden.
Fazit: Die Papierpreise werden noch lange hoch, die Versorgung schlecht sein. Der Margen-Druck auf die Branchen, die mit Papier zu tun haben – von Werbung über Medien bis hin zu Verpackungen – wird noch Monate anhalten. Das wird Ausweichreaktionen und die Digitalisierung forcieren.