Nur ein Wunder kann die SPD am 24. September (Bundestagswahl) noch retten. Der Kandidat Martin Schulz ist entzaubert. Seine Auftritte und Aussagen bleiben ohne spürbaren Widerhall. Drei verlorene Landtagswahlen haben ihn in die Defensive gedrängt – in der Partei wie im Ansehen der Wähler.
Schulz wurde vom Messias zum Loser-Typ. Und Loser wählt man nicht. Die Kurve zeigt nach unten: Im März verlor die SPD an der Saar nur einen Prozentpunkt, Anfang Mai in Schleswig-Holstein waren es schon mehr als drei und eine Woche später in NRW gar 7,9 Prozentpunkte. An der Saar legte die CDU gleichzeitig 5,5 Punkte und in NRW ganze 6,7 Punkte zu.
Die SPD unter Schulz weiß nicht, was sie will, ist ein Angreifer ohne Strategie. Aus der ehrenwerten Absicht, ein Wahlprogramm mit Augenmaß und finanzieller Vernunft vorzulegen, ist am Ende ein lauwarmer Eintopf entstanden. Die SPD ist zu vernünftig, um selbst steuerpolitisch einen herben Kontrast zur Union zu bilden. Ihre Schwerpunkte changieren je nach politischer Augenblickslage zwischen „Sozialer Gerechtigkeit“, Mittelstandsentlastung, Nachahmer-Anwandlungen im Gefolge der Macron-Wahl in Frankreich und einem Steuersenkungsprogramm, das anfangs nicht in Frage kommen sollte. Zur Flüchtlings- und Sicherheitspolitik, die vielen Wählern auf den Nägeln brennt, bringt das Programm wenig Neues.
Es gibt aber auch ein dauerhaftes strukturelles Defizit der SPD: den Stimmenverlust durch die Linke. Die Partei, die sich über zwölf Jahre fest etabliert hat und die der SPD bei Bundestagswahlen ein Wählerpotenzial von 8 bis 10 Prozentpunkten wegnimmt. Sie legt diesmal ein aus ihrer Sicht scharf konturiertes Sozial-Programm vor: Millionärssteuer 75%, Grundsicherung für alle Bürger mit 1.050 Euro anstelle von Hartz IV, Mindestlohn 12 Euro. Das kann sich die SPD aus guten Gründen nicht leisten. Aber es sichert der Linken die Ankerquote um die 9%, die sie schon 2013 erreichte und die seither in allen Umfragen nahezu konstant blieb.
Fazit: Die SPD wird am 24 September wieder bei dem Mitte-Zwanzig-Stimmanteil landen, den sie 2013 mit Peer Steinbrück erreicht hatte (25,7%). Mit einem Unterschied: Dieses Mal hat Schwarz-Gelb eine reale Chance. Allensbach notiert beide zusammen gegenwärtig bei 50,5% Stimmanteil.