AKW-Fonds in Sicht
Der Atomausstieg wird teuer. Politik und Energieversorger scheinen einen Königsweg zur Finanzierung gefunden zu haben.
Bei der Finanzierung des Atomausstiegs läuft es auf eine Fonds-Lösung zu. Unternehmen, Politik und Wissenschaft denken diesbezüglich in eine Richtung. Aktuell sehen die Energieexperten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) den Rückbau der Atomkraftwerke und die Entsorgung des hochradioaktiven Atommülls kritisch. Damit liegen sie erstaunlich genau auf der Linie des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi). Dort wird derzeit an Nachbesserungen des bestehenden Modells (Rückstellungen der Energieversorger) gearbeitet. Derzeit prüft das BMWi mit einem Stresstest die Jahresabschlüsse der AKW-Betreiber und die Entwicklung der Kernenergie-Rückstellungen darauf, ob sie für die zu erwartenden Belastungen ausreichen. Das Problem: Die von den Unternehmen zurückgestellten 37,6 Mrd. Euro (Stichtag 31.12.2014) reichen für den AKW-Abriss sowie die Entsorgung des Mülls nicht. Erforderlich seien 50 bis 70 Mrd. Euro. Zudem sind Rückstellungen bei Insolvenzen nicht geschützt. Die Energiekonzerne könnten versucht sein, sich ihrer Verantwortung durch Konzernumstrukturierungen zu entziehen, mahnt das DIW. Auch würden Rückstellungen in der Regel an deren Muttergesellschaften weitergeleitet – eine günstige Finanzierungsquelle der Konzerne. Die Energieversorger müssen zudem die Rückstellungen im laufenden Geschäft verdienen, was bei sinkender Rentabilität schwer fällt. Ein nun auch vom DIW geforderter öffentlich-rechtlicher Atom-Fonds könnte die Mittel für Rückbau und Endlagerung sammeln (Insolvenzschutz). Der Gesetzgeber müsste dann eine Nachschusspflicht für zusätzliche Kosten über 2022 – das Ende der Laufzeiten – hinaus vorsehen. Den Energieversorgern und AKW-Betreibern kommt eine Fonds-Lösung entgegen. Denn mitnichten haben sie tatsächlich Geld für den Rückbau der Atomkraftwerke zurückgelegt. Bei den Rückstellungen im Rahmen des Atom-Ausstiegs handelt es sich lediglich um den Ausweis künftiger Kosten in den Bilanzen. Sie mindern den zu versteuernden Gewinn. Die Mittel für AKW-Abriss und Endlagerung selbst müssen dagegen erst noch erwirtschaftet werden. Eine Verlagerung des Problems in die Zukunft wäre bequem.
Fazit: Noch in dieser Legislaturperiode wird es zu einer Fonds-Lösung kommen. Energieminister Sigmar Gabriel könnte sich damit schmücken, den Atomausstieg langfristig geregelt zu haben. Etwaige zusätzliche Kosten kommen dagegen erst nach 2022 auf die Verbraucher zu.