Bär auf verlorenem Posten
Die neue Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär, steht auf verlorenem Posten. Formal wird das Thema Digitalisierung zwar zur Chefsache. Doch es gibt nach wie vor keinen Chef, der bei diesem Thema den Hut aufhat.
Die Hauptzuständigkeit für Digitalisierung verbleibt im Verkehrsministerium. Dort hatte sich Bär als parlamentarische Staatssekretärin um das Thema gekümmert. Im Kanzleramt ist dessen Chef Helge Braun federführend. Bär steht ihm als Staatsministerin zur Seite.
Viele Köche
Die größte Herausforderung ist die Koordination von Personal und Maßnahmen. Hier zeigt sich das Dilemma sehr deutlich: Derzeit kümmern sich 482 Mitarbeiter in 14 Ministerien mit 244 Teams und 76 Abteilungen um die Digitalisierung. Bär muss es gelingen, dass all diese Mitarbeiter über alle Ressort- und Abteilungsgrenzen hinweg gemeinsam und gleichgerichtet arbeiten. Ein Ding der Unmöglichkeit.
Politisch auffallen wird ihr Scheitern vermutlich nicht. Denn die Digitalisierungsziele im Koalitionsvertrag sind reichlich vage gehalten. Klar ist nur: Es soll – wie bisher auch schon angestrebt – investiert werden, z. B. in den Ausbau des Glasfasernetzes und in 5G-Netze (12 Mrd. Euro). Auch in digitale Infrastruktur an Schulen soll Geld fließen (5 Mrd. Euro) – und in die notwendige Ausbildung der Lehrer. Das geht auch ohne Bär und ihre Koordinierungsarbeit.
Fazit: Das Kompetenzwirrwarr in der Bundesregierung beim Thema Digitalisierung wird durch eine Koordinierungsstelle nicht behoben. Das zeigt, welch geringe Relevanz die Kanzlerin dem Thema tatsächlich beimisst.