Das erste Mal Rot-Rot-Grün
In Berlin stehen die Zeichen auf Abwahl der Union aus der Landesregierung. Stattdessen könnte eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken regieren.
Berlin wird nach der Abgeordnetenhauswahl (18.9.) rot-rot-grün regiert werden. Vor der Haustür des Bundestages wird damit ein Modell erprobt, das nach 2017 auch dort unumgänglich sein könnte. Hintergrund ist der dramatische Verlust der beiden den Senat bildenden Parteien SPD und CDU. Sie würden am 18. September nur noch auf 27% (SPD) statt 28,3% im Jahre 2011 – bzw. 19% (CDU) – statt 23,3% kommen. Damit reicht es nicht mehr für die Großen Koalition. Die Sozialdemokraten mit Michael Müller an der Spitze müssten mit den Grünen (18% nach 17,6% und der Linken (14% nach 11,7%) zusammengehen. Im Sechsparteienparlament wären aus heutiger Sicht auch die FDP mit 6% nach 1,8% und die AFD (mit 9%). Wie schon anderswo: Der Juniorpartner der Großen Koalition verliert. Die Union könnte also noch viel tiefer fallen, als es derzeit aussieht. Denn sie hat mit Frank Henkel einen schwachen Spitzenkandidaten. Henkel schwänzt Sitzungen, um sein Kleinkind zu hüten. Sein Faible für Auslandsreisen ist bekannt. Und dass ein Spitzenkandidat einen Auftritt in den Tagesthemen mehrfach aus Termingründen absagt, ist mehr als ungewöhnlich. Statt CDU-Henkel sprach SPD-Kontrahent Müller über innere Sicherheit im TV. Das aber ist das Kernthema seines Innensenators und der CDU. Nicht die einzige verpasst Chance des Unions-Vormanns, von dessen Unvermögen an der Spree vermutlich vor allem die AfD als neue Law-and-order-Kraft profitieren könnte. Insgeheim werden deshalb in Berlin Hamburger Verhältnisse befürchtet. Die hanseatische Union dümpelt bei 14%. In der deutschen Hauptstadt vor den Toren des Kanzleramtes wäre ein solches Ergebnis eine Katastrophe für die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel – aber durchaus vorstellbar.
Fazit: Der Regierungswechsel in Berlin ist wahrscheinlich. Mit Rot-Rot-Grün wird dabei eine Konstellation erprobt, die zu ähnlichen Diskussionen auf Bundesebene führen könnte – stärker als 2013.