Das Zeugnis der EU-Kommission für die Wirtschafts- und Sozialpolitik Deutschlands ist nur ausreichend. Dabei geht es weniger um die vielbeachtete Problematik der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte. Vor allem die Steuerpolitik Berlins wird in Brüssel als unzureichend empfunden. Im Einzelnen:
Es gibt keine Maßnahmen zur umfassenden Überprüfung der Unternehmens- und kommunalen Gewerbesteuer
Entlastungen bei der hohen Steuer- und Abgabenlast beschränken sich auf die regulären Anpassungen der Einkommensteuer-Grundfreibeträge und Einkommensteuersätze bei der kalten Progression
Reformen zur Verbesserung der Effizienz des Steuersystems und zur Modernisierung der Steuerverwaltung sind begrenzt
Es fehlt laut EU-Kommission an steuerlichen Anreizen für die Vollbeschäftigung von Frauen als Zweitverdienern
Bei der Erhöhung der Anreize zum längeren Verbleib im Erwerbsleben gibt es nur begrenzte Fortschritte
Es gibt aber auch Lob aus Brüssel für Berlin. Das gilt für die positive Beschäftigungsquote sowie die Reduzierung von frühem Schulabgang und Armut. Die EU hebt auch die Erhöhung der Zahl der Hochschulabsolventen sowie die Steigerung der Investitionen in Forschung und Entwicklung positiv hervor.
Viel Kritik gibt es dagegen zur Digitalisierung. Bei Breitbandverbindungen hinke Deutschland insbesondere in semi-urbanen und ländlichen Gebieten hinterher. Die Computernutzung sei bei jungen Deutschen vergleichsweise niedrig. Viele Schulen verfügten nicht über eine Breitbandverbindung. Die digitalen öffentlichen Dienstleistungen lägen unter dem Durchschnitt.
Fazit: Man muss nicht alle Ansichten aus Brüssel teilen. Aber auch dann ist eine Steuerreform durch die nächste Bundesregierung geboten.