Die K-Frage
Zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl haben die Grünen kein politisches Schwergewicht vorzuweisen, das sich als Frontmann oder -frau für den Wahlkampf eignet.
Die Grünen wollen regieren und rüsten für den Bundestagswahlkampf. Die Frage ist nicht nur wer Partner (Union oder SPD), sondern wer Zugpferd sein soll. Den Strategen in der Partei dämmert, dass das bisherige Führungspersonal 2017 nicht mobilisierend wirken wird. Weder die Bundesvorsitzenden (Simone Peter, Cem Özdemir) noch die Fraktionsspitze (Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter) überzeugen. Der geborene Spitzenkandidat Winfried Kretschmann kommt als Spitzenkandidat nicht in Frage. Er ist zwar hoch angesehen, muss aber 2016 erst einmal die Baden-Württemberg-Wahl wieder gewinnen. Ihm wird intern wenig Lust nachgesagt, den sicheren Posten in Stuttgart mit einem unsicheren in Berlin zu tauschen. Schließlich wird der Ministerpräsident im Ländle am 17. Mai 67 Jahre alt. Die großen Alten stehen nicht mehr zur Verfügung. Jürgen Trittin oder Renate Künast bereiten sich auf den Ruhestand vor. Zudem würden sie zumindest psychologisch einer Koalition mit CDU/CSU im Weg stehen – aus heutiger Sicht die realistischste Machtoption. Die Grünen schauen sich deshalb in der Provinz um. Schleswig-Holsteins stellvertretender Ministerpräsident Robert Habeck wird derzeit in Berlin hoch gehandelt. Der 45-Jährige regiert mit der SPD, könnte aber auch der Union vermittelbar sein. Die Kandidatur kommt jedoch für 2017 zu früh, schadet zudem bei der Landtagswahl 2017. Da könnte ein Bundesspitzenkandidat Habeck redlicherweise nicht mehr als Landespolitiker antreten. Dass er schon jetzt ins Gespräch gebracht wird, deutet auf Widerstände im Berliner Establishment hin. Im parteiinternen Proporz ist er ein Realo-Mann. Die werden auf Parteitagen besonders gern zur Demut gezwungen. Eine zweijährige personelle Dauerdebatte ist lang genug, um Habeck ausreichend zu beschädigen.
Fazit: Personell und programmatisch sind die Grünen noch nicht regierungsfähig. Ein jähes Ende der Großen Koalition käme äußerst ungelegen. Jetzt haben sie sich auch noch eine Personaldiskussion aufgebürdet.