Eingemauert im 20%-Turm
Die Linke hat sich im Parteiensystem verfestigt, auch im Westen. Seitdem sich die linke Konkurrenzpartei etabliert hat, hat sich die SPD im „Zwanziger-Turm“ eingenistet. Und: Es gibt nicht mal hier festen Boden.
In Thüringen einen Ministerpräsidenten der Linken an die Macht zu bringen, hat der Schaukelpolitik der derzeitigen Führung die Krone aufgesetzt. Was wählt man eigentlich mit der SPD: Rot-Grün, Rot-Rot, Rot-Rot-Grün oder Schwarz-Rot ?
Es gibt keine durchsetzungsfähige Führungsfigur wie Herbert Wehner. Er warf 1959 in Godesberg (gegen Erich Ollenhauer) entschlossen den neutralistischen Kurs nach außen und die halbe Planwirtschaft nach innen über Bord. Er agierte mit Nachhaltigkeit, Kontinuität. Das brachte der Partei Erfolg beim Wähler. Für Sigmar Gabriel zeigt sich: Leine lassen auf Landesebene verhindert (Dauer-)Streit á la AfD. Aber es führt auch zu Konturlosigkeit.
Damit sind wir beim nächsten Punkt. Strukturell schwach sind seit langem die Führungsfiguren. Sie wirken konturlos wie Rudolf Scharping. Doppelt vertrauensmindernd ist es, wenn sie wie Gabriel in Wochenabständen ihre Meinung zu wichtigen politischen Themen ändern und gar ins Gegenteil verkehren.
Aus alldem entsteht die fünfte und entscheidende strukturelle Klemme: Die SPD ist politisch kaum noch manövrierfähig. Wendet sie sich erkennbar den Mittelschichten zu, verliert sie prompt an die Linke. Noch mehr potenzielle Wähler gehen beim umgekehrten Manöver verloren. Erst recht verstörend wirkt es, wenn das auch noch – siehe Thüringen – alles im gleichen Zeitraum geschieht.
Kontinuität wäre gefragt. Aber die unteren Parteigliederungen sind nicht so lammfromm wie in der Union. Da brechen immer wieder Kursdiskussionen los. Und Kursmanöver. Die Wähler reagieren: Sie bleiben weg oder wechseln die Farbe.
Fazit: Die SPD braucht eine starke Führungsfigur – die nicht zu sehen ist. Mit der Doppelzunge Gabriel hat sie wenig Chancen, aus dem 20%-Türmchen heraus zu kommen.