Enormer Zwang zu Kompromissen
Der Bundesrat bleibt die (un)heimliche Nebenregierung in Deutschland. Und die künftige Bundesregierung muss weiter nach Kompromissen mit ihm suchen.
Die nächste Bundesregierung hat einen sehr mächtigen Gegenspieler, der sie vom „Durchregieren“ abhalten wird. Selbst wenn Angela Merkel mit der CDU/CSU die Bundestagswahlen mit absoluter Mehrheit gewönne (was unwahrscheinlich ist), müsste sie in vielen Detailfragen enorm Rücksicht nehmen und zahlreiche Kompromisse eingehen.
Ein Blick auf die Länderkammer zeigt: Eine ziemlich kleine Partei hat das meiste Gewicht. Denn die stärkste Partei im Bundesrat sind die Grünen. Sie regieren mittlerweile in neun Bundesländern mit. Folge: Die Grünen haben im Bundesrat die meisten Sitze (43). Die SPD bringt es auf 42, die Union nur auf 41.
Das bedeutet in der Praxis, dass in der Länderkammer ohne die Grünen nichts geht. Nur die drei Parteien Grüne, SPD und Union zusammen bringen es auf eine Mehrheit (43 Stimmen von 69). Auch Union/Grüne/FDP schaffen es bei weitem nicht zur Mehrheit. Zweierbündnisse reichen ohnehin nicht. Theoretisch könnten die Ökos damit alles blockieren.
An dieser Konstellation werden auch die anstehenden Landtagswahlen 2018 nichts ändern. Selbst wenn Rot-Grün Anfang 2018 in Niedersachen abgewählt würde und die Union mit FDP, Grünen oder mit beiden regieren könnte, käme man im Bundesrat nur auf 33 statt der mindestens erforderlichen 35 Sitze. Nach der Landtagswahl in Bayern bleibt es bei einer CSU-Regierung (vermutlich weiter allein). In Hessen ist nach den letzten Umfragen eine Fortsetzung der Koalition aus CDU und Grünen neben der Großen Koalition möglich.
Von den derzeit schwächelnden Grünen wird dann in den Kernfragen der Bundespolitik viel abhängen. Womöglich kommen sie mit knapp 8% in den Bundestag, regieren über den Bundesrat aber deutlich stärker mit. Denn sie können über die Beteiligung in den Länderregierungen im Bundesrat für Enthaltungen und damit für Stillstand sorgen. Ziel jeder Bundesregierung müsste es darum sein, die Grünen in die Regierung einzubinden.
Fazit: Die SPD ist im Bund nicht mehr so wichtig wie die Grünen. Das spricht dafür, dass eine Jamaika-Koalition (Union/FDP/Grüne) für Merkel deutlich attraktiver ist als eine GroKo oder eine sehr knappe Schwarz-Gelbe Koalition.