Es geht weiter bergab
Nordrhein-Westfalen ist zwar das größte Bundesland. Sein wirtschaftlicher und politischer Einfluss schwindet aber immer mehr.
Deutschlands größtes Bundesland Nordrhein-Westfalen verliert wirtschaftlich und politisch immer mehr an Einfluss. Das liegt nicht nur an dem langen Abstieg der Montanindustrie. Die müsste längst durch die Strukturpolitik des Landes überwunden worden sein. Doch den Regierungen in Düsseldorf gelingt es nicht, Zukunftsträchtiges auf die Beine zu stellen. Noch 1991 lag NRW gemessen am BIP pro Kopf wirtschaftlich an der Spitze der Bundesländer. Heute, 25 Jahre später, rangiert das Land gemessen am BIP pro Kopf nur noch auf Platz 5. Der Anteil des Landes am deutschen BIP hat sich seit 2009 von 22,3% auf nur noch 21,5% (Ende 2014) verringert. Die Schrumpfung hält an: 2015 stieg das BIP im 1. Halbjahr 2015 real nur um 0,3% bei einem Bundesdurchschnitt von 1,4%. Unter den Flächenländern ist NRW nach dem Saarland das am höchsten verschuldete Land. Mehr als vier Fünftel der Kommunen wiesen ein Haushaltsdefizit aus (und das noch vor Einsetzen der Flüchtlingswelle seit Sommer 2015). Das liegt wesentlich an den Sozialausgaben – die Arbeitslosigkeit liegt in NRW mit 7,7% über dem Bundesdurchschnitt von 6,1%. Unter den Flächenländern im Westen ist es die höchste Quote. Konzerne wie Mannesmann, GHH oder Babcock-Borsig sind verschwunden. Andere kämpfen mit roten Zahlen – wie ThyssenKrupp oder Europas größter Energiekonzern RWE. Opel stellt die Produktion in Bochum ein. Nokia, mit Millionen-Subventionen nach Bochum gelockt, findet sich nun in Rumänien wieder. Die WestLB als einstmals größte deutsche Bank musste zerschlagen werden. Übrig blieben zusätzliche 100 Mrd. Euro Staatsverschuldung. Der bundespolitische Einfluss des größten Bundeslandes ist sukzessive geschwunden. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zieht es nicht nach Berlin – sie käme wohl auch unter die Räder. Die letzten Landespolitiker von überregionaler Bedeutung waren der gescheiterte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück (SPD), der gefeuerte glücklose Ministerpräsidentenkandidat Norbert Röttgen (CDU) und der grandios samt seiner Partei abgewählte einstige Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Politische Lobbyisten, einst in Bonn zuhause, sind nun in Berlin. Das führt an Rhein und Ruhr zur Provinzialisierung. Selbst die Nähe zur EU in Brüssel nutzt dem Land wenig. Ebenso die Lage im grenzüberschreitenden Wirtschaftsraum „Blaue Banane“.
Fazit: Es ist nicht zu erkennen, wie der Abstieg NRWs dauerhaft gestoppt werden kann – und wer das in die Hand nehmen könnte.