Die FDP hat ein wichtiges Tabu abgeräumt und macht sich für eine mögliche Koalition mit den Grünen auf Bundesebene hübsch. Darauf deutet die Koalitionsregierung mit SPD und Grünen in Rheinland-Pfalz hin. Dort springen die Liberalen erstmals über ihren Schatten, mit den Grünen nicht in einer Koalition zusammenzuarbeiten. Das ist ein wichtiges Signal für die Bundesebene.
Volker Wissing, der neue Vizeministerpräsident in Mainz, gibt sich beim FDP-Kurswechsel ganz staatsmännisch. „Die FDP ist keine Protestpartei. Die politische Meckerecke ist kein geeigneter Platz für Liberale“, unterstrich er den Gestaltungsanspruch seiner Partei. Zwar gab es auf dem Landesparteitag noch einige Gegenstimmen gegen den rot-gelb-grünen Koalitionsvertrag im Bundesland. Diese waren mit gut 15% des FDP-Landesparteitages aber äußerst gering.
Die FDP-Botschaft heißt vor allem: Bloß keine große Koalition (GroKo) mehr. Wenn die Partei dafür Kompromisse mit den Grünen finden muss, sei das allemal besser, als einer GroKo das Heft des Handelns zu überlassen und auf den harten Oppositionsbänken Platz zu nehmen, ohne mitgestalten zu können.
Der politische Gestaltungswille zeigt sich auch gut anhand der Ministerien, die sich die FDP erhandelt hat. Die Liberalen haben in Rheinland-Pfalz nun Wirtschaft und Justiz übernommen. Damit wird sich die FDP für ihre Stammklientel profilieren. Die mag eine unternehmerfreundliche Politik ebenso wie die Verteidigung liberaler Grundsätze beim Ausbau der inneren Sicherheit.
Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner hat damit ein Stück auf dem Weg zur Wiedergeburt der Partei geschafft. Für ihn ist mit Blick auf die Wahlen in Nordrhein-Westfalen (14. Mai 2017) vor allem der geringe innerparteiliche Gegenwind wichtig.
Die Akzeptanz der Liberalen für eine Zusammenarbeit mit den Grünen eröffnet nämlich neue strategische Optionen – auch auf Bundesebene. Denn was in Mainz geklappt hat, könnte auch in Düsseldorf gelingen. Den Liberalen steht dann aber möglicherweise noch die Tür offen, nicht nur mit Rot und Grün, sondern auch mit Schwarz und Grün regieren zu können. Auch dies wäre ein weiteres Modell für den Bund.
Diese neue Farbenlehre hat auch eine große Bedeutung für die CSU. Ihr Lieblingsfeind war historisch die FDP, sogar noch vor den Grünen. Das könnte dazu führen, dass nach der Bundestagswahl eine Mehrheitsoption für Schwarz-Grün-Gelb besteht. Dann müsste die CSU aus „staatsbürgerlicher Verantwortung heraus“ die grün-gelbe Kröte schlucken. Alternative: Die CSU ließe diese Koalition zugunsten einer genauso ungeliebten Großen Koalition platzen.
Fazit: Die rheinland-pfälzische FDP verschafft der gesamten Partei bundespolitisch neue Perspektiven für diverse Koalitionen. Ein solches Comeback eröffnet zudem die Möglichkeit zur Beendigung der GroKo auf Bundesebene. Es ist nicht unrealistisch, dass die FDP aus dem Nichts auf die Regierungsbank zurückkommt.