Gereifter Vorschlag
Die FDP war in der Flüchtlingsfrage lange sprachlos. Jetzt hat Parteichef Christian Lindner Position bezogen und einen eigenen Vorschlag eingebracht. Der hat Hand und Fuß.
Die FDP kommt in der Flüchtlingsfrage aus der Defensive. Parteichef Christian Lindner schlägt vor, Kriegsflüchtlinge vom normalen Asylverfahren auszunehmen und ihnen (bis zu drei Jahre) humanitären Schutz zu gewähren. Das erleichtere deren Rückführung, erschwere die Familienzusammenführung und entlaste das Bundesamt für Migration von den zahllosen Asylanträgen, die durch ein wachsendes Heer von Beamten bearbeitet werden müssen. Ein kluger Vorschlag. Er hat zwar nicht das Potenzial, die FDP in Umfragen nach oben zu katapultieren. Aber er wird die Bundespolitik beeinflussen. Denn Merkels Schicksal an der Spitze der Bundesregierung wird nicht zuletzt von der Zahl der rückgeführten Flüchtlinge abhängen. Daran wird sich zeigen, ob der Staat auch dann noch handlungsfähig ist, wenn es nicht darum geht, ein humanitäres Gesicht zu zeigen, sondern auch, die Rechtsordnung aufrecht zu erhalten. Bisher ist die Abschiebung von Personen, die keine Aufenthaltserlaubnis erstreiten können, eher die Ausnahme als die Regel. Nicht zuletzt geht es darum „Schaden vom deutschen Volk abzuhalten“ – der Schwur den Merkel bei ihrer Vereidigung vor dem Deutschen Bundestag geleistet hat. Inzwischen wird der Kanzlerin von in- und außerhalb der Partei Realitätsverlust vorgeworfen. Süffisant verweisen auch Parteifreunde auf den Zustand und die Beteuerungen der DDR-Führung in der Endphase des sozialistischen Staates, in dem Merkel sozialisiert wurde. „Das schaffen wir“, war auch eine Parole des Arbeiter- und Bauernstaates in den 1980er Jahren.
Fazit: Es ist gut, dass – wenn auch nicht aus dem Bundesparlament heraus, so doch von einer „Systempartei“ aus – endlich eine leicht zu realisierende Alternative zum Alleingang der Kanzlerin in der Flüchtlingsfrage aufgezeigt wird.