Grüne Vetomacht
Die Koalitionsverhandlungen in Thüringen haben auch eine wichtige bundespolitische Komponente. Das Ergebnis könnte die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat auf den Kopf stellen.
Die Koalitionsverhandlungen in Thüringen haben höchste bundespolitische Relevanz. Der Grund: Sollte es in Thüringen zu einer rot-rot-grünen Regierung kommen, hätten die Länder mit grüner Regierungsbeteiligung eine Mehrheit im Bundesrat. Momentan sind die Grünen in sieben Landesregierungen vertreten. Daraus ergeben sich aufgrund des im Bundesrat angewendeten Stimmenschlüssels momentan 34 Sitze. Mit vier weiteren Stimmen, die Thüringen im Bundesrat hat, würden die Grünen 38 Stimmen besitzen. Die absolute Mehrheit liegt im Bundesrat bei 35 Stimmen. Ein Einzug in die Erfurter Staatskanzlei würde die Grünen also in der Bundespolitik zur Veto-Macht aufsteigen lassen. Natürlich ist nicht gesagt, dass die Länderregierungen mit grüner Beteiligung sich automatisch allen Plänen der Bundesregierung verweigern würden. Zumal sie außer in Baden-Württemberg jeweils nur den Juniorpartner stellen. Außerdem werden im Bundesrat auch immer wieder Landesinteressen über Parteiinteressen gestellt. In jedem Fall würden einige Pläne der Bundesregierung dann wesentlich schwieriger umzusetzen sein. Das gilt besonders für die ohnehin extrem komplizierte Neuverhandlung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Aber auch einige weitere im Koalitionsvertrag vereinbarte Projekte mit Zustimmungspflicht des Bundesrates könnten einen sichtbareren „grünen Anstrich“ bekommen. Dazu zählen etwa die Pkw-Maut, die Digitale Agenda oder Reformpakete zur Energiewende.
Fazit: Die Durchsetzungsfähigkeit der Großen Koalition würde im Falle einer rot-rot-grünen Thüringer Landesregierung massiv eingeschränkt werden.