Auf den Marktplätzen Baden-Württembergs entlädt sich derzeit der Volkszorn gegen die „Etablierten“. Motto: „Für Euch keine Stimme“. Gemeint sind CDU und SPD, die dort vor fünf Jahren noch 39% (CDU) und 23% (SPD) der Stimmen – zusammen also 62% – geholt hatten. In den aktuellen Umfragen liegen sie bei 33 und 15%. Mit von Woche zu Woche sinkender Tendenz. Zugleich ist die AfD von mickrigen 3% im August letzten Jahres inzwischen auf knapp 11% aufgestiegen. Auch Winfried Kretschmanns grün-rote Koalition bringt Anfang Februar mit nur noch 41% nach gut 47% (2011) keine regierungsfähige Mehrheit mehr auf die Beine. Der anhaltende Flüchtlingsstrom lässt grüßen.
Im September wäre in Stuttgart mühelos eine Große Koalition möglich gewesen. Damals maß Allensbach für CDU und SPD in BW zusammen noch eine Mehrheit von 60%. Inzwischen steht auch diese Konstellation mit 48% auf der „gleitenden Kippe“.
Die Umfragen blenden überdies einen wichtigen Faktor aus: das Gewicht der vergrätzten Nichtwähler. Sie werden bei niedriger Beteiligung die AfD hoch- und die etablierten Parteien, denen diese Wähler fehlen, noch weiter herunterdrücken. Möglich daher, dass die beiden Großen am 13. März in BW zusammen bei 45-46% landen.
Bei dieser misslichen Aussicht spekuliert man in Stuttgart neuerdings auf eine „Deutschland-Koalition“. Schwarz-Rot will also die FDP beiziehen, falls diese die derzeitigen 5,1% hält. Anderenfalls kommt eine Ampelkoalition unter Kretschmann infrage – ebenfalls mit der FDP als Hilfe. Wobei man den Liberalen mindestens ein Vetorecht gegen Regierungsbeschlüsse der jeweils anderen zugestehen müsste, wenn sie nicht nur das fünfte Rad am (kaputten) Wagen bilden sollen. Zur „Deutschland-Koalition“ würde die Bereitschaft der SPD gehören, sich auf den „gesetzten Dauerkonflikt“ – Profilierungsbedürfnis der FDP – einzulassen.
In Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt gehen die Wogen nicht ganz so hoch. Zwar hat die AfD in Magdeburg inzwischen 15% erklettert (nach 6% im Juli). Aber die beiden Großkoalitionäre unter Reiner Haseloff (CDU) halten bei Umfragen noch immer eine solide Mehrheit von 52%. Das ist fast soviel wie 2011 (54%).
In Mainz hingegen trüben sich die Aussichten der Rot-Grünen unter Malu Dreyer (SPD) deutlich ein. Gegen die Landtagswahl von 2011 verliert die SPD bis jetzt rund 4%-Punkte, und die Grünen werden mit 8% fast halbiert. Von der 2011er-Mehrheit von 51% sind derzeit nur noch 39% übrig. Die FDP bringt in Mainz derzeit 6% auf die Waage – das würde zur Ampel reichen. Die AfD steht bei 9%.
Fazit: Vor allem Baden-Württembergs politische Zukunft steht in den Sternen. Die Ampel unter grüner Führung würde die SPD wohl noch die geringste Überwindung kosten, sollte ein Dreierbündnis nötig werden. Es ist inzwischen die wahrscheinlichste Lösung – das Überleben der FDP vorausgesetzt.