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Kommunen haben sich "arm-gespart"

Kommunale Steuern und Gebühren steigen auf breiter Front

Ein Laster fährt auf einer Bundesstraße an einem Schlagloch vorbei. © Felix Kästle / dpa / picture alliance
So viele deutsche Kommunen wie seit fünf Jahren nicht mehr wollen Steuern und Gebühren erhöhen. Das könnte zu einem länger anhaltenden Trend werden. Denn die durch Corona gesunkenen Einnahmen sind nicht die Hauptursache für den steigenden Finanzbedarf. Weit wichtiger sind die Investitionen.

Die meisten Kommunen in Deutschland haben sich "arm-gespart" und müssen nun heftig gegensteuern. Das zeigt die aktuelle Meldung zum vielfach haarsträubenden Zustand von Brücken in Deutschland. Demnach ist der Zustand vieler der 28.000  Brücken deutlich schlimmer als befürchtet, so ein interner Bericht der Autobahngesellschaft. Absehbar sei, dass viele vor 1985 errichtete Brücken komplett neu gebaut werden müssten. Das wird passieren, wenn nicht zügig in den Erhalt der Bauwerke investiert wird. 

Der Städte- und Gemeindebund bestätigt das. Er verweist auf den hohen Investitionsstau der Gemeinden von inzwischen 149 Mrd. Euro. Seit über 20 Jahren sind viele Kommunen im Sparmodus. Viele müssen nun wieder investieren, sonst drohen Sperrungen und weit höhere Ersatzinvestitionen.

Großer Handlungs- und Investitionszwang 

Die Kommunen sind zum Handeln gezwungen. Nach unseren Recherchen planen 70% der deutschen Kommunen, in diesem Jahr die Steuern und Abgaben zu erhöhen. Das ist dringend nötig und verschafft ihnen neuen Handlungsspielraum. Zwar sind z. B. die Gebühren der Gemeinden zweckgebunden. Müllgebühren dürfen also nur für die Müllabfuhr verwendet werden. Aber viele Kommunen bezuschussen Müllabfuhr, Nahverkehr und andere öffentliche Aufgaben aus dem Gemeindehaushalt. Erhöhen sie die Gebühren, können sie die Zuschüsse anderweitig verwenden.

Das Anziehen der Steuer- und Abgabenschraube wird in den nächsten Jahren ein Trend. Denn Corona ist letztlich nicht die Ursache für die leeren Kassen. Das zeigt eine Studie des Wirtschaftsprüfers und Unternehmensberaters EY. Zwar sanken die Steuereinnahmen durch Corona 2020 um 5,7% gegenüber dem Vorjahr. Aber Finanzhilfen des Bundes und der Länder haben die Kommunalfinanzen gestützt. Insgesamt blieb 2020 ein Finanzierungsüberschuss über alle Kommunen von noch knapp 2 Mrd. Euro (Vorjahr: 5,6 Mrd. Euro). In sieben Bundesländern konnten die Kommunen ihre Schulden noch verringern, in fünf sind sie gestiegen, in Rheinland-Pfalz blieben sie unverändert (die Zahlen der Stadtstaaten wurden nicht ausgewertet).

Investitionen in Infrastruktur, IT und Schulen

Hauptursache für steigende Steuern und Abgaben sind die notwendigen Investitionen. Ein Drittel der Gemeinden will oder muss die Investitionen erhöhen. 43% wollen sie unverändert lassen, trotz geringerer Einnahmen. Sogar Kommunen mit geringen Schulden werden die Abgaben hochschrauben. 

Ein Beispiel dafür sind die sächsischen Gemeinden. Sie haben im Durchschnitt mit 556 Euro je Einwohner die geringsten Schulden. Dennoch wollen 92% der Gemeinden dort die Steuern und Gebühren erhöhen. In Schleswig-Holstein planen das 90% der Kommunen. In Thüringen und Rheinland-Pfalz sind es fast 80%. In Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen noch über zwei Drittel. In Hessen über die Hälfte und in den restlichen fünf Ländern weniger als die Hälfte.

Zwang zur Digitalisierung

Die Kommunen werden das Geld vor allem für Investitionen nutzen. Schwerpunkte sind IT und Schulen. In diese Bereiche will und muss über die Hälfte der Gemeinden investieren und deutlich mehr als bisher ausgeben. Hintergrund ist einerseits die völlig veraltete IT-Ausstattung, andererseits aber auch die Digitalisierungsnotwendigkeiten aufgrund der absehbaren Personalentwicklung. In den kommenden 10 Jahren gehen fast 35% aller Angestellten im Öffentlichen Dienst in Rente.  Ein Drittel der Gemeinden muss in Straßen und Gebäude investieren.

Fazit: Machen Sie sich auf deutlich steigende Gebühren und Abgaben gefasst. Viele Kommunen stehen unter Investitions-Zugzwang. Jetzt rächt sich das jahrelange Sparen. Denn die Kommunen müssen nun in steigende Preise (Inflation) und Angebotsengpässe hinein investieren. Für Unternehmen kann das allerdings auch gute Aufträge bedeuten.

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