Lohnpolizei ermittelt
Der Kampf gegen Lohndiskriminierung ist das Thema der Stunde. Doch die Politik arbeitet mit falschen Zahlen.
Die Bundesregierung operiert bei der Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen mit falschen Zahlen. 22% soll der Abstand angeblich betragen. Tatsächlich sind es maximal 7%, wenn frauentypische Faktoren wie die hohe Teilzeitquote und die Berufswahl mitberücksichtigt werden. Darauf weist das Statistische Bundesamt hin. Unterdurchschnittlich bezahlt werden Frauen vor allem in Betreuungs- und Sozialberufen. Dort sorgt aber der Staat als Arbeitgeber für niedrige Löhne. Will die Große Koalition den Lohnrückstand ausgleichen, müsste sie künftig die Löhne der Kita-Erzieherinnen und Pflegekräfte erhöhen. Dagegen sperren sich aber die Finanzminister der Länder. Laut OECD geht ein Drittel des Lohnunterschieds auf die Berufswahl zurück. Weil Jungs eher in technische Berufe streben, verdienen sie später mehr. Dagegen absolvieren OECD-weit lediglich 20% der Mädchen eine IT-Ausbildung (Deutschland: 17%). Trotz jahrzehntelanger Versuche der Bildungspolitik verfolgen Frauen eine andere Berufs- und Lebensplanung: mit entsprechenden Folgen für die Lohnhöhe. Problematisch sind ohnehin nur die nicht-tarifgebundenen Beschäftigten. Tariflöhne unterscheiden nicht zwischen den Geschlechtern. Bei übertariflichen Gehältern spielen Qualifikation, Leistung und „Fringe Benefits“ eine Rolle, die in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung Verhandlungssache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind. Experten bezweifeln, dass sich dieses Freiheitsrecht einfach beschneiden lässt. Die Koalition plant eine Lohnpolizei, welche die „betriebliche Entlohnungspraxis“ kontrolliert. Damit dürfen nur Sachverständige beauftragt werden, die von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zertifiziert wurden. Gedacht ist an ein Computerprogramm, das Anhaltspunkte für eine Diskriminierung liefert. Bei Verdacht muss der Arbeitgeber die Lohnunterschiede dann sachlich begründen. Das Familienministerium kann noch keine Kriterien vorlegen, aus denen sich Lohndiskriminierung herleiten ließe. Was ist eine „vergleichbare“ Tätigkeit? Ist es diskriminierend, jemanden in einer Rezession mit einem geringeren Gehalt einzustellen als während eines Booms? Wie groß muss ein Betrieb sein, um statistisch sinnvolle Abweichungen vom Durchschnittslohn berechnen zu können? Da jeder Arbeitnehmer ein Auskunftsrecht über die im Unternehmen gezahlten Löhne erhalten soll, wird das Entgeltgleichheitsgesetz vor allem bei Anwälten für Beschäftigung und Lohnzuwachs sorgen.
Fazit: Da das Gesetz im Koalitionsvertrag steht, wird es kommen. Im Juni soll der Referentenentwurf vorliegen. Bislang ist eine Regelung für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern vorgesehen. Diese Grenze könnte heraufgesetzt werden.