Merz umgarnt die Grünen
Die Debatte im Bundestag zur Verfassungsänderung und den Sondervermögen war hitzig. In der Diskussion hat Friedrich Merz (CDU) den Grünen ein Angebot gemacht. Zugleich haben die Grünen ihre strikte Ablehnung entschärft. Das deutet darauf hin, dass sich ein Kompromiss abzeichnet.
Die Grünen haben Friedrich Merz (CDU) in der Bundestagsdebatte heute signalisiert, unter welchen Bedingungen sie der umstrittenen Grundgesetzänderung zustimmen. Sie wollen dem zwischen Union und SPD ausgehandelten Vorschlag für die beiden Sondervermögen nicht das Ja-Wort geben. Ihr Gegenvorschlag ist für die Union aber kein ganz großer Schritt.
Grüne wollen Sondervermögen trennen
Die Grünen wollen die Abstimmung über die beiden Sondervermögen trennen. Die Partei erkenne die "Notwendigkeit steigender Verteidigungsausgaben" an. Angesichts der globalen Weltlage sei auch akzeptabel, dass der abgewählte Bundestag als Novum noch eine Verfassungsänderung dafür beschließen soll.
Eine Verknüpfung mit dem Sondervermögen für Infrastruktur sei nicht zwingend. Für dieses Sondervermögen bestehe keine Notlage. Darüber könne auch nach dem Zusammentreten des neuen Bundestags am 25. März verhandelt werden. Zudem sei verbindlich zu klären, dass aus dem Milliarden-Schuldentopf ausschließlich "zusätzliche" Investitionen finanziert werden. Selbstverständlich fordern die Grünen mehr Investitionen für Klimaschutz.
Merz schwenkt auf Kuschel-Kurs ein
Die Linien für eine Zustimmung der Grünen sind damit vorgezeichnet, der Preis in den Raum gestellt. Einerseits fordern die Grünen, dass Rüstungsausgaben erst ab 1,5% des BIP aus dem Sondervermögen bezahlt werden (Union/SPD 1%). Auch die Forderung der Grünen liegt damit aber unter den 2% des BIP, die bisher aus dem normalen Haushalt gestemmt wurden. Die Partei würde daher eine Vergrößerung der finanziellen Beinfreiheit zustimmen. Merz hörte die Signale. Zudem hat er die Öko-Partei in der Debatte umworben und einen Anteil "von 50 Mrd. Euro für Klimaschutz" zugesagt.
Politisch tun Union und SPD derzeit alles dafür, die Grünen als notwendige Fraktion für die Verfassungsänderung zu motivieren. Die nächsten Tagen werden zeigen, ob es den Grünen nur darum ging, Geld für ihre Klientel heraus zu handeln. In der Bundestagsdebatte hatte es für uns den Anschein, dass die Grünen nur über den Preis für ihre Zustimmung verhandelt haben. Ein grundsätzliches Nein, wie von den Linken, sehen wir bei den Grünen nicht.
Merz kann sich 25 Abweichler leisten
Politisch ist es dennoch ein Vabanque-Spiel für Merz. Er braucht für eine Zweidrittel-Mehrheit mindestens 491 von 736 Stimmen. CDU/CSU und SPD haben 398 Stimmen. Merz braucht für eine Grundgesetzänderung noch mindestens 93 zusätzliche Stimmen. Die Grünen haben 118 Abgeordnete. Merz kann sich also maximal 25 Abweichler aus den drei Parteien leisten.
Stoppt Karlsruhe die Verfassungsänderung?
Juristisch könnten Union und SPD noch über das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) stolpern. Dem liegen mehrere Anträge vor, die Verfassungsänderung zu stoppen. Einerseits wird in denen verfahrenstechnisch argumentiert. Demnach sei schon die Einberufung der Sondersitzungen fehlerhaft gewesen, weil Fraktionen und nicht Abgeordnete (persönlich) einberufen hätten. Andere Argumente zielen darauf ab, dass die Abgeordneten nicht genug Zeit hätten, sich mit den Gesetzesänderungen vertraut zu machen. Daneben wird argumentiert, dass der abgewählte Bundestag keine derart weitreichenden Entscheidungen mehr treffen solle. Das BVerfG wird noch vor dem 18. März entscheiden. Das hat Karlsruhe auf Anfrage von FUCHSBRIEFE bestätigt.
Fazit: Union und SPD wollen die Schuldenbremse mit allen Mitteln lockern. Werden die beiden voraussichtlich künftigen Koalitionspartner nicht vom BVerfG gestoppt, halten wir es für sehr wahrscheinlich, sie die Grünen mit einem Kompromiss zur Zustimmung bewegen werden.