Öffnung zur Mitte
Was der Wechsel an der DGB-Spitze für die Arbeitgeber bedeutet...
Ab kommenden Montag (12. Mai) können sich Arbeitgeber auf noch mehr Flexibilität im Gewerkschaftslager freuen. Auf den scheidenden DGB-Vorsitzenden Michael Sommer folgt Rainer Hoffmann. Der noch 58-Jährige steht für Pragmatismus in der Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern und der Politik. Er befürwortet eine flexible Altersgrenze bei der Rente. Sein Motto lautet: Man darf auch länger arbeiten als bis 67. Als früheres Vorstandsmitglied der IG Bergbau-Chemie-Energie gehört er zum Realo-Flügel im DGB. Der 62-Jährige Sommer übergibt ein ordentlich geführtes Haus. Er hat den Dachverband der deutschen Gewerkschaften umfassend reformiert. Antrieb dafür waren zwei Schocks: Die Agenda 2010 und die Krise von 2008/09. Wegen Hartz IV und der Rente mit 67 führte Sommer den DGB aus der engen Bindung mit der SPD. Er hielt Abstand zur Linken und suchte den Kontrakt mit der Union. Angela Merkel war die erste CDU-Vorsitzende, die an einer Vorstandssitzung teilnehmen durfte. Die Union bekam bei der letzten Bundestagswahl mehr Stimmen von Gewerkschaftsmitgliedern als die SPD – vor Sommer wäre dies undenkbar gewesen. Den größten Erfolg unter Sommer gab es in der Wirtschaftskrise. Die damalige Große Koalition verlängerte und verbesserte binnen weniger Stunden die Kurzarbeiterregelungen. Das sorgte dafür, dass die Unternehmen ihre Stammbelegschaften halten konnten. Die Politik des DGB zahlte sich messbar für den Dachverband und seine Mitglieder aus. Die neue Große Koalition setzt mit der Rente ab 63, dem Mindestlohn und den Verbesserungen bei der Erwerbsunfähigkeitsrente die Beschlusslage der Gewerkschaften um. Die Öffnung zur Mitte scheint ebenfalls Früchte zu tragen. Der Mitgliederschwund der Gewerkschaften ist bei gut 6,1 Mio. gestoppt. Einzelne Gewerkschaften gewinnen wieder Mitglieder hinzu. Die Reallöhne steigen nach Jahren wieder.
Fazit: Der DGB ist deutlich überparteilicher als vor Sommers Antritt 2002. Für die Zukunft ist es ein gutes Signal, dass die Öffnung unter Sommer den Gewerkschaftlern sichtbare Vorteile gebracht hat, ohne den Arbeitgebern zu schaden.