Die Volksparteien CDU/CSU und SPD spielen im kommenden Wahlkampf sozialpolitisch mit dem Feuer. Ohne Not peitschen sie das Thema Rente hoch und sorgen für dessen Emotionalisierung. Damit gefährden sie das ohnehin schwindende Vertrauen in ein faires Rentensystem zusätzlich.
Zeitlichen Druck gibt es für überhastet gefasste Rentenbeschlüsse nicht. Dank eines Steuerzuschusses von derzeit 80 Mrd. und bald 100 Mrd. Euro ist die Rente auskömmlich finanziert. Obendrein wird es in der ausgehenden Legislaturperiode keine Umsetzung von Beschlüssen mehr geben. Und die nächste Regierung kann in der Rentenpolitik ganz andere Schwerpunkte setzen.
Das Grundsatzproblem wird erst ab 2030 akut werden. Es heißt: Weniger Beitragszahler zahlen für immer mehr länger lebende Beitragsempfänger. Wer es lösen will, kommt um unpopuläre Entscheidungen wie Beitragserhöhungen, längere Lebensarbeitszeit, Ausweitung der Zahler durch Einbeziehung von Selbständigen und Beamten ins Rentensystem und höhere Steuermittel nicht herum. Dafür wird man aber nicht gewählt.
Den Regierungsparteien geht es nur darum, die Wähler mit Versprechen zu ködern. Ob Mütter-, Lebensleistungs-, bessere Berufsunfähigkeitsrente – alles lässt sich versprechen und muss (und kann) nach der Bundestagswahl unter den genannten Vorzeichen nicht eingehalten werden. Das ist tatsächlich schnöder Populismus. Das für November versprochene Konzept von Rentenministerin Andrea Nahles (SPD) kann die Grundrechenarten nicht ignorieren. Spätestens ab 2021 müssen Sie deshalb so oder so auf Beitragserhöhungen gefasst sein.
Ein Rentenwahlkampf wird nicht um die Bestandsrentner geführt. Deren einmal zugesagte Rentenhöhe ist verfassungsrechtlich geschützt. Der Kampf geht um die derzeitigen Beitragszahler. Denen kann man ehrlicherweise nur schlechtere Zeiten versprechen. Als Kompensation für wichtige Wählergruppen gibt es deshalb nur durch Beitragszahlungen nicht gedeckte Versprechungen auf Rentengeschenke.
Fazit: Früher hieß es, die gesetzliche Rente müsse aus Wahlkämpfen herausgehalten werden, um deren Akzeptanz nicht zu unterminieren. Das gilt nun nicht mehr. Die Volksparteien riskieren aus wahltaktischen Überlegungen das Restvertrauen ins Rentensystem.