Der 10. Juni ist der letztmögliche Termin für die fristgerechte Neuregelung der Erbschaftsteuer. Bis zu diesem Tag muss der Bundesrat den Gesetzentwurf vom Bundestag vorliegen haben. Die letzte Sitzung der Länderkammer, auf der das Gesetz fristgerecht beschlossen werden könnte, findet am 17. Juni statt. Üblicherweise bekommt der Bundesrat Gesetzentwürfe mindestens drei Wochen vor einer Entscheidung auf den Tisch (also am 26.5.). In Ausnahmefällen kann diese Frist auf eine Woche verkürzt werden.
Angesichts der festgefahrenen Positionen in der Regierung wird nun die Zeit arg knapp. Denn noch immer verhandeln die Koalitionsspitzen über das Gesetz – und niemand scheint von seiner Linie abweichen zu wollen. Die CSU und der Parlamentskreis Mittelstand der CDU/CSU-Fraktion fordern Nachbesserungen. Ziel ist es, das Vermögen der Unternehmer stärker zu schonen als im aktuellen Kompromissentwurf, auf den man sich Mitte Februar im Finanzausschuss geeinigt hatte. Die SPD wiederum möchte genau an diesem Kompromiss festhalten.
Der Stillstand bei den Verhandlungen birgt das Risiko, dass am Ende das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Fakten schafft. In seinem Urteil hatte es bereits angedroht, selbst eine Entscheidung zu fällen, falls die Politik bis zum 30. Juni keine Lösung findet. Eine solche Gesetzesänderung durch das oberste Gericht wäre zwar ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Sie ist aber nicht undenkbar.
Ein an den Verhandlungen beteiligter CDU-Abgeordneter bestätigt das. „Wenn bis zum 30. Juni keine Neufassung des Gesetzes zustande kommt, wird das Verfassungsgericht dies als Frechheit auffassen und noch im Sommer ein Urteil fällen.“
Das wäre der schlechteste Ausgang für Unternehmer. Dann ist wahrscheinlich, dass das BVerfG die beanstandeten Teile des Gesetzes schlicht für ungültig erklärt. Damit würden alle Verschonungsregeln für Familienunternehmer ersatzlos entfallen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bestätigte dies als sehr wahrscheinlich, da laut Gericht „nur bestimmte Teile des Gesetzes verfassungswidrig sind, nicht aber das ganze Gesetz“.
Noch haben die Regierungsparteien das Heft des Handelns in der Hand. Und zumindest Christian Freiherr von Stetten (CDU) ist sich sicher, dass dies auch so bleibt. Er meint gegenüber FUCHS: „Solange über die Erbschaftsteuer aktiv verhandelt wird, wird sich das Gericht nicht in die Gesetzgebung einschalten.“ Daher sei es noch nicht ausgemacht, dass das Verfassungsgericht nach dem 30. Juni aktiv werde. Es sei also gut möglich, dass die Verhandlungen über eine Neufassung des Erbschaftsteuergesetzes auch nach der Sommerpause des Parlaments noch weitergeführt werden können.
Fazit: Die Zeit für eine fristgerechte Änderung des Erbschaftsteuergesetzes wird nun sehr knapp. Die Regierungskoalition geht ein hohes Risiko ein, dass das Bundesverfassungsgericht nach Ablauf der Frist hart eingreift und die Rahmenbedingungen für Unternehmen stark verschlechtert.